Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen. Verordnung (EG) Nr. 44/2001. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c und 3. Zuständigkeit bei Verbrauchersachen. Vertrag über eine Frachtschiffsreise. Begriff ‚Pauschalreise’- Beherbergungsvertrag mit einem Hotel. Präsentation der Reise und des Hotels auf einer Website. Begriff der Tätigkeit, die auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ‚ausgerichtet’ ist. Kriterien. Zugänglichkeit der Website
Beteiligte
Reederei Karl Schlüter GmbH & Co. KG |
Tenor
1. Ein Vertrag über eine Frachtschiffsreise wie der im Ausgangsverfahren der Rechtssache C-585/08 fragliche stellt einen Reisevertrag, der für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsieht, im Sinne von Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen dar.
2. Für die Feststellung, ob ein Gewerbetreibender, dessen Tätigkeit auf seiner Website oder der eines Vermittlers präsentiert wird, als ein Gewerbetreibender angesehen werden kann, der seine Tätigkeit auf den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001 „ausrichtet”, ist zu prüfen, ob vor einem möglichen Vertragsschluss mit dem Verbraucher aus diesen Websites und der gesamten Tätigkeit des Gewerbetreibenden hervorgeht, dass dieser mit Verbrauchern, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, darunter dem Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers, wohnhaft sind, in dem Sinne Geschäfte zu tätigen beabsichtigte, dass er zu einem Vertragsschluss mit ihnen bereit war.
Die folgenden Gesichtspunkte, deren Aufzählung nicht erschöpfend ist, sind geeignet, Anhaltspunkte zu bilden, die die Feststellung erlauben, dass die Tätigkeit des Gewerbetreibenden auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ausgerichtet ist, nämlich der internationale Charakter der Tätigkeit, die Angabe von Anfahrtsbeschreibungen von anderen Mitgliedstaaten aus zu dem Ort, an dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist, die Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendeten Sprache oder Währung mit der Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in dieser anderen Sprache, die Angabe von Telefonnummern mit internationaler Vorwahl, die Tätigung von Ausgaben für einen Internetreferenzierungsdienst, um in anderen Mitgliedstaaten wohnhaften Verbrauchern den Zugang zur Website des Gewerbetreibenden oder seines Vermittlers zu erleichtern, die Verwendung eines anderen Domänennamens oberster Stufe als desjenigen des Mitgliedstaats der Niederlassung des Gewerbetreibenden und die Erwähnung einer internationalen Kundschaft, die sich aus in verschiedenen Mitgliedstaaten wohnhaften Kunden zusammensetzt. Es ist Sache des nationalen Richters, zu prüfen, ob diese Anhaltspunkte vorliegen.
Hingegen ist die bloße Zugänglichkeit der Website des Gewerbetreibenden oder seines Vermittlers in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, nicht ausreichend. Das Gleiche gilt für die Angabe einer elektronischen Adresse oder anderer Adressdaten oder die Verwendung einer Sprache oder Währung, die in dem Mitgliedstaat der Niederlassung des Gewerbetreibenden die üblicherweise verwendete Sprache und/oder Währung sind.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach den Art. 68 EG und 234 EG, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidungen vom 6. November 2008 und 26. März 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Dezember 2008 und 24. April 2009, in den Verfahren
Peter Pammer
gegen
Reederei Karl Schlüter GmbH & Co. KG (C-585/08)
und
Hotel Alpenhof GesmbH
gegen
Oliver Heller (C-144/09)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.-C. Bonichot, K. Schiemann und J.-J. Kasel, des Richters A. Rosas, der Richterinnen R. Silva de Lapuerta und P. Lindh (Berichterstatterin) sowie des Richters M. Safjan,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Pammer, vertreten durch Rechtsanwalt C. Neuhuber,
- der Hotel Alpenhof GesmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Buchmüller,
- von Herrn Heller, vertreten durch Rechtsanwalt H. Hegen,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl und G. Kunnert als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
- der italienischen Regierung (C-585/08), vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. Ventrella, avvocato dello Stato,
- der luxemburgischen Regierun...