Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen; normale Tages- oder Wochenarbeitszeit; auf die Leistung von Überstunden anwendbare Vorschriften; Beweisregelung. Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Arbeitsgericht Bremen (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Leitsatz (amtlich)
1. Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe i der Richtlinie 91/533 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen ist dahin auszulegen, dass er die Leistung von Überstunden nicht erfasst. Aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie folgt jedoch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer von einer – einen wesentlichen Punkt des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses darstellenden – Vereinbarung in Kenntnis zu setzen, wonach der Arbeitnehmer auf bloße Anordnung des Arbeitgebers zur Leistung von Überstunden verpflichtet ist. Diese Unterrichtung muss gemäß den für die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie ausdrücklich genannten Angaben geltenden Bedingungen erfolgen. Gegebenenfalls kann sie entsprechend der u. a. bezüglich der normalen Arbeitszeit geltenden Regelung des Artikels 2 Absatz 3 der Richtlinie in Form eines Hinweises auf die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bzw. Satzungs- oder Tarifvertragsbestimmungen erfolgen.
(vgl. Randnr. 25, Tenor 1)
2. Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 91/533 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen ist zu entnehmen, dass die Richtlinie nicht so ausgelegt werden kann, dass das Fehlen einer ordnungsgemäßen Unterrichtung des Arbeitnehmers über einen wesentlichen Punkt des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses die Unwirksamkeit dieses Punktes zur Folge hat, denn die Richtlinie belässt den Mitgliedstaaten die Befugnis, die in einem solchen Fall geltenden angemessenen Sanktionen zu bestimmen, sofern der Arbeitnehmer seine Rechte gerichtlich geltend machen kann.
(vgl. Randnr. 28)
3. Die Frage, ob die Regeln des nationalen Rechts über die Beweisvereitelung auch im Fall der Nichterfüllung der durch die Richtlinie 91/533 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen festgelegten Unterrichtungspflicht durch den Arbeitgeber anzuwenden sind, betrifft den Anwendungsbereich dieser Beweislastregeln und daher die in diesem Fall geltende Beweisregelung. Die Richtlinie regelt diese Frage nicht, sondern überlässt es den Mitgliedstaaten, bezüglich des Vorhandenseins und des Inhalts des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses ihre eigenen Beweisregelungen anzuwenden.
(vgl. Randnrn. 33-34)
Leitsatz (redaktionell)
Inhalt der Gerichtsentscheidung
1. Sozialpolitik – Rechtsangleichung – Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen – Richtlinie 91/533 – Anwendungsbereich – Leistung von Überstunden – Einbeziehung – Bedingung – Grundlage – Begriff wesentlicher Punkt des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses” – Formen der Mitteilung an den Arbeitnehmer
(Richtlinie 91/533 des Rates, Artikel 2 Absätze 1, 2 und 3)
2. Sozialpolitik – Rechtsangleichung – Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen – Richtlinie 91/533 – Fehlen einer ordnungsgemäßen Unterrichtung über einen wesentlichen Punkt des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses – Sanktionen – Befugnis der Mitgliedstaaten – Grenzen – Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes
(Richtlinie 91/533 des Rates, Artikel 8 Absatz 1)
3. Sozialpolitik – Rechtsangleichung – Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen – Richtlinie 91/533 – Verstoß gegen die Unterrichtungspflicht – Nachweis über das Vorhandensein und den Inhalt des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses – Anwendung des nationalen Rechts
(Richtlinie 91/533 des Rates)
Normenkette
EWGRL 533/91
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
In der Rechtssache C-350/99
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Arbeitsgericht Bremen (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (ABl. L 288, S. 32)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mi...