Entscheidungsstichwort (Thema)
ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TRIBUNAL DE COMMERCE DE PARIS – FRANKREICH. FERNSEHWERBUNG – FREIER WAREN- UND DIENSTLEISTUNGSVERKEHR. 1. Vorabentscheidungsverfahren ° Zuständigkeit des Gerichtshofes ° Grenzen ° Allgemeine oder hypothetische Fragen ° Prüfung der eigenen Zuständigkeit durch den Gerichtshof ° Realität des Ausgangsrechtsstreits ° Begriff (EWG-Vertrag, Artikel 177). 2. Freier Warenverkehr ° Mengenmässige Beschränkungen ° Maßnahmen gleicher Wirkung ° Hemmnisse, die sich aus nationalen Vorschriften ergeben, die die Verkaufsmodalitäten in nicht diskriminierender Weise regeln ° Unanwendbarkeit des Artikels 30 EWG-Vertrag ° Regelung, die die Fernsehwerbung im Sektor des Vertriebs verbietet ° Wettbewerbsvorschriften des Vertrages ° Unanwendbarkeit (EWG-Vertrag, Artikel 3 Buchstabe f, 5, 30, 85 und 86). 3. Freier Dienstleistungsverkehr ° Ausstrahlung von Fernsehsendungen ° Richtlinie 89/552 ° Befugnis der Mitgliedstaaten, von den Vorschriften über die Werbung abzuweichen ° Umfang ° Regelung, die die Fernsehwerbung im Sektor des Vertriebs verbietet ° Zulässigkeit (Richtlinie 89/552 des Rates, Artikel 3 Absatz 1)
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen des in Artikel 177 des Vertrages vorgesehenen Verfahrens besitzt das vorlegende Gericht, das allein über eine unmittelbare Kenntnis des Sachverhalts verfügt, die besten Voraussetzungen, um unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Rechtssache die Notwendigkeit einer Vorabentscheidung für den Erlaß seines Urteils zu beurteilen. Wenn die von den nationalen Gerichten gestellten Fragen die Auslegung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts betreffen, ist der Gerichtshof daher grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden.
Es obliegt jedoch dem Gerichtshof, zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er angerufen worden ist. Denn der Geist der Zusammenarbeit, in dem das Vorabentscheidungsverfahren durchzuführen ist, verlangt, daß das vorlegende Gericht auf die dem Gerichtshof übertragene Aufgabe Rücksicht nimmt, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben.
In diesem Zusammenhang wird durch den Umstand, daß die Parteien über das angestrebte Ergebnis einig sind, nicht in Frage gestellt, daß im Ausgangsverfahren tatsächlich darüber gestritten wird, ob eine ablehnende Entscheidung, die die eine Partei gegenüber der anderen aufgrund einer nationalen Rechtsvorschrift ausgesprochen hat, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.
2. Die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten ist nicht geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist die Anwendung derartiger Regelungen auf den Verkauf von Erzeugnissen aus einem anderen Mitgliedstaat, die den von diesem Staat aufgestellten Bestimmungen entsprechen, nämlich nicht geeignet, den Marktzugang für diese Erzeugnisse zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tut. Diese Regelungen fallen daher nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 30 des Vertrages.
Artikel 30 ist folglich dahin auszulegen, daß er nicht für den Fall gilt, daß ein Mitgliedstaat durch Gesetz oder Verordnung die Ausstrahlung von Fernsehwerbemitteilungen zugunsten des Wirtschaftssektors des Vertriebs verbietet. Eine solche Maßnahme betrifft nämlich die Verkaufsmodalitäten insoweit, als sie eine bestimmte Form der Förderung einer bestimmten Methode des Absatzes von Erzeugnissen verbietet, und berührt den Absatz der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten nicht in anderer Weise als den der inländischen Erzeugnisse, da sie, ohne nach Erzeugnissen zu unterscheiden, für alle Wirtschaftsteilnehmer im Sektor des Vertriebs gilt.
Die Artikel 85 und 86 in Verbindung mit den Artikeln 3 Buchstabe f und 5 des Vertrages sind auf eine solche Maßnahme nicht anwendbar.
3. Die Richtlinie 89/522, die die freie Ausstrahlung von Fernsehsendungen, die den in ihr vorgesehenen Mindestnormen entsprechen, sicherstellen soll und die Mitgliedstaaten, in denen die Sendungen ihren Ursprung haben, zur Beachtung der Vorschriften der Richtlinie und die Empfangsmitgliedstaaten dazu verpflichtet, die Freiheit des Empfangs und der Weiterverbreitung zu gewährleisten, räumt den Mitgliedstaaten in Artikel 3 Absatz 1 das Recht ein, für Fernsehveranstalter, die ihrer Rechtshoheit unterstehen, in den von der Richtlinie erfassten Bereichen strengere oder ausführlichere Bestimmungen vorzusehen. Dieses durch eine allgemeine Bestimmung der Richtlinie e...