Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Wettbewerb. Staatliche Beihilfen. Begriff ‚staatliche Beihilfe’. Grundsteuer auf unbewegliches Vermögen. Steuerbefreiung
Normenkette
AEUV Art. 107 Abs. 1
Beteiligte
Ministerio de Defensa und Navantia |
Tenor
Art. 107 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nach dieser Vorschrift verbotene staatliche Beihilfe vorliegen kann, wenn eine dem Staat gehörende Grundstücksparzelle, die einem vollständig von diesem Staat gehaltenen Unternehmen überlassen wurde, das dort Waren herstellt bzw. Dienstleistungen anbietet, die auf dem Wettbewerb offenstehenden Märkten Gegenstand des Handels zwischen Mitgliedstaaten sein können, von der Grundsteuer befreit wird. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine solche Befreiung angesichts aller relevanten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits, gewürdigt im Licht der vom Gerichtshof der Europäischen Union gegebenen Auslegungshinweise, als staatliche Beihilfe im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado Contencioso-Administrativo n° 1 de Ferrol (Spanien) mit Entscheidung vom 12. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Oktober 2013, in dem Verfahren
Ministerio de Defensa,
Navantia SA
gegen
Concello de Ferrol
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot sowie der Richter A. Arabadjiev (Berichterstatter) und J. L. da Cruz Vilaça,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Concello de Ferrol, vertreten durch M. Villalba López, avoué, und D. Vidal Lorenzo, abogado,
- der spanischen Regierung, vertreten durch L. Banciella Rodríguez-Miñón als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und B. Stromsky als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 107 Abs. 1 AEUV.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Ministerio de Defensa (spanisches Verteidigungsministerium) und der Navantia SA (im Folgenden: Navantia) auf der einen und dem Concello de Ferrol (Gemeinde Ferrol) auf der anderen Seite wegen der Befreiung von der Grundsteuer auf ein Navantia überlassenes Grundstück.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Das Real Decreto Legislativo 2/2004 por el que se aprueba el texto refundido de la Ley Reguladora de las Haciendas Locales (Real Decreto Legislativo 2/2004 zur Genehmigung der Neufassung des Gesetzes über die Regelung der örtlichen Finanzen) vom 5. März 2004 (BOE Nr. 59 vom 9. März 2004, S. 10284) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz von 2004) definiert die Grundsteuer als eine „direkte Realsteuer, die nach den in diesem Gesetz festgelegten Modalitäten auf den Wert der Grundstücke erhoben wird”.
Rz. 4
Art. 61 Abs. 1 des Gesetzes von 2004 sieht vor:
„Der Steuertatbestand wird durch den Besitz folgender Rechte an außer- oder innerörtlich belegenem unbeweglichem Vermögen oder an Immobilien mit besonderen Eigenschaften erfüllt:
- einer Verwaltungskonzession für das unbewegliche Vermögen selbst oder für die öffentlichen Dienstleistungen, für deren Erbringung dieses Vermögen genutzt wird;
- eines dinglichen Baurechts;
- eines dinglichen Nießbrauchrechts;
- des Eigentumsrechts.”
Rz. 5
Art. 62 („Steuerbefreiungen”) dieses Gesetzes bestimmt in Abs. 1 Buchst. a:
„Folgendes unbewegliche Vermögen ist von der Steuer befreit, wenn es
- im Eigentum des Staats, der Autonomen Gemeinschaften oder der lokalen Gebietskörperschaften steht und unmittelbar den Belangen der inneren Sicherheit und der Erziehungs- und Strafvollstreckungsbehörden dient oder wenn es im Eigentum des Staats steht und der Landesverteidigung dient.”
Rz. 6
Art. 63 Abs. 1 und 2 des Gesetzes von 2004 sieht vor:
„Der Steuer unterliegen als Steuerpflichtige die natürlichen und juristischen Personen …, die Inhaber des Rechts sind, das jeweils den Steuertatbestand erfüllt.
…
- Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes finden unbeschadet der für den Steuerpflichtigen bestehenden Möglichkeit Anwendung, die steuerliche Belastung nach den allgemeinen Vorschriften abzuwälzen.
Die öffentliche Verwaltung und die im vorstehenden Absatz genannten Einrichtungen oder Stellen wälzen den Teil der geschuldeten Steuer ab, der auf die Personen entfällt, die als Nichtsteuerpflichtige ihre öffentlichen Güter oder Vermögensgegenstände entgeltlich nutzen. Diese Personen müssen die Abwälzung dulden. Zu diesem Zweck bestimmt sich der abzuwälzende Betrag nach dem Teil des Katasterwerts, der der genutzten Fläche und dem unmittelbar dem jeweiligen Mieter oder Erwerber des Nutzungsrechts zuzuordnenden Gebäude entspricht.”
Sac...