Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeitsklage. Richtlinie 2006/24/EG. Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste erzeugt oder verarbeitet werden. Wahl der Rechtsgrundlage
Beteiligte
Irland / Parlament und Rat |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Irland trägt die Kosten.
3. Das Königreich Spanien, das Königreich der Niederlande, die Slowakische Republik, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und der Europäische Datenschutzbeauftragte tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG, eingereicht am 6. Juli 2006,
Irland, vertreten durch D. O'Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von E. Fitzsimons, D. Barniville und A. Collins, SC, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Kläger,
unterstützt durch:
Slowakische Republik, vertreten durch J. Čorba als Bevollmächtigten,
Streithelferin,
gegen
Europäisches Parlament, zunächst vertreten durch H. Duintjer Tebbens, M. Dean und A. Auersperger Matić, sodann durch die beiden Letztgenannten und K. Bradley als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rat der Europäischen Union, vertreten durch J.-C. Piris, J. Schutte und S. Kyriakopoulou als Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch:
Königreich Spanien, vertreten durch M. A. Sampol Pucurull und J. Rodríguez Cárcamo als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Königreich der Niederlande, vertreten durch C. ten Dam und C. Wissels als Bevollmächtigte,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Docksey, R. Troosters und C. O'Reilly als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Europäischer Datenschutzbeauftragter, vertreten durch H. Hijmans als Bevollmächtigten,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas und K. Lenaerts, der Richter A. Tizzano und J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter), der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter K. Schiemann, J. Klučka und A. Arabadjiev sowie der Richterin C. Toader und des Richters J.-J. Kasel,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2008,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Oktober 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit seiner Klage beantragt Irland, die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. L 105, S. 54) für nichtig zu erklären, da sie nicht auf einer geeigneten Rechtsgrundlage erlassen worden sei.
Rechtlicher Rahmen
Die Richtlinie 95/46/EG
Rz. 2
Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281, S. 31) legt Regeln für die Verarbeitung personenbezogener Daten fest, um die Rechte natürlicher Personen insoweit zu schützen und zugleich den freien Verkehr dieser Daten in der Europäischen Gemeinschaft zu gewährleisten.
Rz. 3
Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 95/46 sieht vor:
„Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten,
- die für die Ausübung von Tätigkeiten erfolgt, die nicht in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, beispielsweise Tätigkeiten gemäß den Titeln V und VI des Vertrags über die Europäische Union, und auf keinen Fall auf Verarbeitungen betreffend die öffentliche Sicherheit, die Landesverteidigung, die Sicherheit des Staates (einschließlich seines wirtschaftlichen Wohls, wenn die Verarbeitung die Sicherheit des Staates berührt) und die Tätigkeiten des Staates im strafrechtlichen Bereich;
- die von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wird.”
Die Richtlinie 2002/58/EG
Rz. 4
Die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201, S. 37) wurde zur Ergänzung der Richtlinie 95/46 um besondere Bestimmungen im Telekommunikationssektor erlassen.
Rz. 5
Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 lautet:
„Verkehrsdaten, die sich auf Teilnehmer und Nutzer beziehen und vom Betreiber eines öffentlichen Kommunikationsnetzes oder eines öffentlich zugänglichen Kommunikationsdienstes verarbeitet und gespeichert werden, sind unbeschadet der Absätze 2, 3 und 5 des vorliegenden Artikels und des Artikels 15 Absatz 1 zu löschen oder zu anonymisieren, sobald sie für die Übertragung einer Nachricht nicht mehr benötigt werden.”
Rz. 6
Art. 15 Abs. ...