Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen. Markt für Nintendo-Videospielkonsolen und -Spielkassetten. Beschränkung von Parallelimporten auf diesem Markt. Vereinbarung zwischen dem Hersteller und dem Alleinvertriebshändler. Vertriebsvertrag, der passive Verkäufe zulässt. Nachweis einer Willensübereinstimmung, wenn ein unmittelbarer Urkundenbeweis für die Beschränkung solcher Verkäufe fehlt. Anforderungen an den Nachweis einer vertikalen Vereinbarung
Beteiligte
Activision Blizzard Germany (anciennement CD-Contact Data) / Kommission |
Activision Blizzard Germany GmbH, vormals CD-Contact Data GmbH |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Activision Blizzard Germany GmbH trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 10. Juli 2009,
Activision Blizzard Germany GmbH, vormals CD-Contact Data GmbH, mit Sitz in Burglengenfeld (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: J. K. de Pree und E. N. M. Raedts, advocaten,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Europäische Kommission, vertreten durch S. Noë und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter J.-J. Kasel, M. Ilešič (Berichterstatter), E. Levits und M. Safjan,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Activision Blizzard Germany GmbH (im Folgenden: Activision Blizzard) als Rechtsnachfolgerin der CD-Contact Data GmbH (im Folgenden: CD-Contact Data) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 30. April 2009, CD-Contact Data/Kommission (T-18/03, Slg. 2009, II-1021, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die gegen CD-Contact Data verhängte Geldbuße herabgesetzt und im Übrigen deren Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/675/EG der Kommission vom 30. Oktober 2002 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/35.587 – PO Video Games, COMP/35.706 – PO Nintendo Distribution und COMP/36.321 – Omega – Nintendo) (ABl. 2003, L 255, S. 33, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat. Diese Entscheidung betraf eine Reihe von Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, mit denen Parallelausfuhren auf dem Markt für Nintendo-Videospielkonsolen und -Spielkassetten für diese Konsolen beschränkt werden sollten.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Rz. 2
Die Nintendo Co. Ltd (im Folgenden: Nintendo), eine an der Börse notierte Gesellschaft mit Sitz in Kyoto (Japan), steht an der Spitze der Nintendo-Unternehmensgruppe, die auf die Herstellung und den Vertrieb von Konsolen für Videospiele und von Videospielkassetten für diese Konsolen spezialisiert ist. Die Geschäftstätigkeit von Nintendo im Europäischen Wirtschaftsraum wird in manchen Gebieten von ihr zu 100 % gehörenden Tochtergesellschaften betrieben, unter denen die wichtigste die Nintendo of Europe GmbH (im Folgenden: NOE) ist. Zur Zeit der fraglichen Vorgänge koordinierte NOE bestimmte Geschäftstätigkeiten von Nintendo in Europa und war ihre Alleinvertriebshändlerin in Deutschland. In anderen Absatzgebieten hatte Nintendo unabhängige Alleinvertriebshändler eingesetzt.
Rz. 3
CD-Contact Data war von April 1997 bis mindestens 31. Dezember 1997 die Alleinvertriebshändlerin von Nintendo für Belgien und Luxemburg.
Rz. 4
Im März 1995 leitete die Kommission der Europäischen Gemeinschaften eine Untersuchung der Videospielindustrie ein. Als Ergebnis ihrer vorläufigen Feststellungen leitete sie im September 1995 eine ergänzende Untersuchung speziell zum Vertriebssystem von Nintendo ein. Auf die Beschwerde eines Unternehmens hin, das im Bereich der Einfuhr und des Verkaufs von elektronischen Spielen tätig ist und geltend machte, dass Nintendo in den Niederlanden den Parallelhandel behindere und ein System festgelegter Wiederverkaufspreise praktiziere, erweiterte die Kommission ihre Untersuchung. In ihrem Antwortschreiben vom 16. Mai 1997 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission räumte Nintendo ein, dass bestimmte ihrer Vertriebsverträge und ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen Beschränkungen des Parallelhandels innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums enthielten. Mit Schreiben vom 23. Dezember 1997 teilte Nintendo der Kommission mit, ihr sei „ein schwerwiegendes Problem in Bezug auf den Parallelhandel innerhalb der Gemeinschaft” bekannt geworden, und gab ihrem Wunsch Ausdruck, mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Nach ihrem Geständnis ergriff Nintendo Maßnahmen, die die künftige Einhaltung des Unionsrechts gewährleisten sollten, und leistete an die durch ihr Handeln f...