Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Richtlinie 80/987/EWG. Art. 10 Buchst. c. Nationale Bestimmung. Zahlungsgarantie für nicht erfüllte Ansprüche von Arbeitnehmern. Ausschluss von Personen, die in den letzten sechs Monaten vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der sie beschäftigenden Gesellschaft Inhaber eines wesentlichen Teils dieser Gesellschaft waren und dort beträchtlichen Einfluss hatten

 

Beteiligte

Andersson L

Lotta Andersson

Staten genom Kronofogdemyndigheten i Jönköping, Tillsynsmyndigheten

 

Tenor

Art. 12 Buchst. c der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (kodifizierte Fassung) ist dahin auszulegen, dass er einer Bestimmung des nationalen Rechts nicht entgegensteht, die einen Arbeitnehmer von der Zahlungsgarantie für nicht erfüllte Ansprüche von Arbeitnehmern ausschließt, weil er allein oder zusammen mit engen Verwandten in den letzten sechs Monaten vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des betroffenen Unternehmens Inhaber eines wesentlichen Teils dieses Unternehmens war und beträchtlichen Einfluss auf dessen Tätigkeiten hatte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Linköpings tingsrätt (Schweden) mit Entscheidung vom 28. Oktober 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Januar 2010, in dem Verfahren

Lotta Andersson

gegen

Staten genom Kronofogdemyndigheten i Jönköping, Tillsynsmyndigheten

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Schiemann (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Staten genom Kronofogdemyndigheten i Jönköping, Tillsynsmyndigheten, vertreten durch S. Granath, advokat,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und A. Engman als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren als Bevollmächtigten,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 10 Buchst. c der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23) in der durch die Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 (ABl. L 270, S. 10) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 80/987).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Andersson und dem Staten genom Kronofogdemyndigheten i Jönköping, Tillsynsmyndigheten (Aufsichtsbehörde in Konkursverfahren), wegen des Anspruchs von Frau Andersson auf Befriedigung einer nicht erfüllten Forderung aus einem Arbeitsverhältnis in einem Unternehmen, das in Konkurs gefallen ist und an dem Frau Andersson als einer der beiden Aktionäre beteiligt war.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 80/987

Rz. 3

Gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 gilt die Richtlinie 80/987 für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig im Sinne des Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie sind.

Rz. 4

Art. 10 Buchst. c der Richtlinie 80/987 bestimmt, dass diese Richtlinie nicht der Möglichkeit der Mitgliedstaaten entgegensteht, die in Art. 3 der Richtlinie vorgesehene Zahlungspflicht oder die in Art. 7 der Richtlinie vorgesehene Garantiepflicht in den Fällen abzulehnen oder einzuschränken, in denen ein Arbeitnehmer allein oder zusammen mit engen Verwandten Inhaber eines wesentlichen Teils des Unternehmens oder Betriebs des Arbeitgebers war und beträchtlichen Einfluss auf dessen Tätigkeiten hatte.

Richtlinie 2008/94/EG

Rz. 5

Nachdem die Richtlinie 80/987 mehrfach und erheblich geändert worden war, wurde sie aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit durch die Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (kodifizierte Fassung) (ABl. L 283, S. 36) kodifiziert.

Rz. 6

Im siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/94 heißt es:

„Die Mitgliedstaaten können Grenzen für die Verpflichtungen der Garantieeinrichtungen festlegen, die mit der sozialen Zielsetzung der Richtlinie vereinbar sein müssen und die unterschiedliche Höhe von Ansprüchen berücksichtigen können.”

Rz. 7

Art. 3 der Richtlinie 2008/94 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsve...

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