Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartell. Markt für Projekte im Bereich gasisolierter Schaltanlagen. Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung von Tochtergesellschaften gegenüber ihren Muttergesellschaften. Begründungspflicht. Gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Geldbuße. Begriff des Unternehmens. ‚Faktische’ gesamtschuldnerische Haftung. Grundsätze der Rechtssicherheit und der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen. Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung
Beteiligte
Tenor
1. Nr. 3 zweiter Gedankenstrich des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 3. März 2011, Areva u. a./Kommission (T-117/07 und T-121/07), wird aufgehoben.
2. Art. 2 Buchst. c der Entscheidung K(2006) 6762 endg. der Kommission vom 24. Januar 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen) wird für nichtig erklärt.
3. Wegen der in Art. 1 Buchst. b bis f der Entscheidung K(2006) 6762 endg. festgestellten Verstöße wird gegen die Alstom SA gesamtschuldnerisch mit der Alstom Grid SAS eine Geldbuße in Höhe von 27,795 Mio. Euro und gegen die Areva SA, die T&D Holding SA sowie die Alstom Grid AG gesamtschuldnerisch mit der Alstom Grid SAS eine Geldbuße in Höhe von 20,4 Mio. Euro verhängt.
4. Im Übrigen werden die Rechtsmittel zurückgewiesen.
5. Die Europäische Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten im Verfahren des ersten Rechtszugs und im Rechtsmittelverfahren ein Fünftel der Kosten, die der Areva SA, der Alstom SA, der T&D Holding SA, der Alstom Grid SAS und der Alstom Grid AG im Verfahren des ersten Rechtszugs und im Rechtsmittelverfahren entstanden sind.
6. Die Areva SA, die Alstom SA, die T&D Holding SA, die Alstom Grid SAS und die Alstom Grid AG tragen vier Fünftel ihrer eigenen Kosten im Verfahren des ersten Rechtszugs und im Rechtsmittelverfahren.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. und 20. Mai 2011,
Areva SA (C-247/11 P) mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Schild, C. Simphal und E. Estellon,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Alstom SA mit Sitz in Levallois-Perret (Frankreich),
T&D Holding SA, vormals Areva T&D Holding SA, mit Sitz in Levallois-Perret,
Alstom Grid SAS, vormals Areva T&D SA, mit Sitz in La Défense (Frankreich),
Alstom Grid AG, vormals Areva T&D AG, mit Sitz in Oberentfelden (Schweiz) (C-253/11 P),
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Derenne, A. Müller-Rappard und M. Lagrue,
Klägerinnen im ersten Rechtszug,
Europäische Kommission, vertreten durch V. Bottka und N. von Lingen als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
und
Alstom SA,
T&D Holding SA,
Alstom Grid SAS,
Alstom Grid AG (C-253/11 P),
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Derenne, A. Müller-Rappard und M. Lagrue,
Rechtsmittelführerinnen,
andere Parteien des Verfahrens:
Areva SA, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Schild, C. Simphal und E. Estellon,
Klägerin im ersten Rechtszug,
Europäische Kommission, vertreten durch V. Bottka und N. von Lingen als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer, der Richter M. Safjan und J. Malenovský sowie der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin),
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2013,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. September 2013
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihren Rechtsmitteln beantragen die Areva SA (im Folgenden: Areva), die Alstom SA (im Folgenden: Alstom), die T&D Holding SA, die Alstom Grid SAS und die Alstom Grid AG (im Folgenden für die vier letztgenannten Gesellschaften gemeinsam: Gesellschaften der Alstom-Gruppe, sowie für diese fünf Gesellschaften gemeinsam: Rechtsmittelführerinnen) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 3. März 2011, Areva u. a./Kommission (T-117/07 und T-121/07, Slg. 2011, II-633, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 6762 endg. der Kommission vom 24. Januar 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2008, C 5, S. 7) veröffentlicht wurde (im Folgenden: streitige Entscheidung), sowie, hilfsweise, auf Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße abgewie...