Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Geistiges Eigentum. Urheberrechte und verwandte Schutzrechte. Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Vervielfältigungsrecht. Ausnahmen und Beschränkungen. Vervielfältigung zum privaten Gebrauch. Rechtmäßigkeit des Ursprungs des Vervielfältigungsstücks. Anwendungsbereich
Normenkette
Richtlinie 2001/29/EG Art. 5 Abs. 2 Buchst. b, Abs. 5; Richtlinie 2004/48/EG
Beteiligte
Stichting Onderhandelingen Thuiskopie vergoeding |
Tenor
1. Das Unionsrecht, insbesondere Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in Verbindung mit deren Art. 5 Abs. 5 ist dahin auszulegen, dass es nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die nicht danach unterscheiden, ob die Quelle, auf deren Grundlage eine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch angefertigt wurde, rechtmäßig oder unrechtmäßig ist.
2. Die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass sie in einem Verfahren wie dem Ausgangsverfahren nicht anzuwenden ist, in dem diejenigen, die den gerechten Ausgleich zahlen müssen, beantragen, das Gericht möge Feststellungen zulasten der Einrichtung treffen, die mit der Erhebung und Verteilung dieser Vergütung auf die Inhaber von Urheberrechten betraut ist und die sich gegen diesen Antrag verteidigt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 21. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 26. September 2012, in dem Verfahren
ACI Adam BV u. a.
gegen
Stichting de Thuiskopie,
Stichting Onderhandelingen Thuiskopie vergoeding
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer, der Richter M. Safjan und J. Malenovský (Berichterstatter) sowie der Richterin A. Prechal,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der ACI Adam BV u. a., vertreten durch D. Visser, advocaat,
- der Stichting de Thuiskopie und der Stichting Onderhandelingen Thuiskopie vergoeding, vertreten durch T. Cohen Jehoram und V. Rörsch, advocaten,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Schillemans und M. Noort als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. García-Valdecasas Dorrego als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas und J. Nasutavičienė als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Samnadda und F. Wilman als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Januar 2014
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10) sowie der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157, S. 45, Berichtigungen ABl. 2004, L 195, S. 16, und ABl. 2007, L 204, S. 27).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der ACI Adam BV und einer Reihe weiterer Unternehmen (im Folgenden: ACI Adam u. a.) gegen die Stichting de Thuiskopie (im Folgenden: Thuiskopie) und die Stichting Onderhandelingen Thuiskopie vergoeding (im Folgenden: SONT), zwei Stiftungen, deren erste die Aufgabe hat, die Vergütung zu erheben und zu verteilen, die zulasten der Importeure oder Hersteller von für die Vervielfältigung von literarischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Werken bestimmten Trägern zum privaten Gebrauch geht (im Folgenden: Privatkopievergütung), und deren zweite die Höhe dieser Vergütung festzulegen hat, darüber, dass die SONT bei der Festlegung der Höhe dieser Vergütung den Schaden berücksichtigt, der durch Vervielfältigungsstücke verursacht wird, die auf der Grundlage einer unrechtmäßigen Quelle angefertigt werden.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2001/29
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 22, 31, 32, 35, 38 und 44 d...