Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 2000/43/EG. Diskriminierende Kriterien für die Auswahl des Personals. Beweislast. Sanktionen
Beteiligte
Centrum voor gelijkheid van kansen en voor racismebestrijding |
Tenor
1. Die öffentliche Äußerung eines Arbeitgebers, er werde keine Arbeitnehmer einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Rasse einstellen, begründet eine unmittelbare Diskriminierung bei der Einstellung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, da solche Äußerungen bestimmte Bewerber ernsthaft davon abhalten können, ihre Bewerbungen einzureichen, und damit ihren Zugang zum Arbeitsmarkt behindern.
2. Öffentliche Äußerungen, durch die ein Arbeitgeber kundtut, dass er im Rahmen seiner Einstellungspolitik keine Arbeitnehmer einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Rasse beschäftigen werde, reichen aus, um eine Vermutung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 für das Vorliegen einer unmittelbar diskriminierenden Einstellungspolitik zu begründen. Es obliegt dann diesem Arbeitgeber, zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Er kann dies dadurch tun, dass er nachweist, dass die tatsächliche Einstellungspraxis des Unternehmens diesen Äußerungen nicht entspricht. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die gerügten Tatsachen glaubhaft sind, und zu beurteilen, ob die Beweise zur Stützung des Vorbringens des Arbeitgebers, dass er den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt habe, ausreichend sind.
3. Nach Art. 15 der Richtlinie 2000/43 müssen auch dann, wenn es kein identifizierbares Opfer gibt, die Sanktionen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Arbeidshof te Brussel (Belgien) mit Entscheidung vom 24. Januar 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Februar 2007, in dem Verfahren
Centrum voor gelijkheid van kansen en voor racismebestrijding
gegen
Firma Feryn NV
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter L. Bay Larsen, K. Schiemann, J. Makarczyk und J.-C. Bonichot (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Centrum voor gelijkheid van kansen en voor racismebestrijding, vertreten durch C. Bayart, advocaat,
- der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck und C. Pochet als Bevollmächtigte,
- von Irland, vertreten durch D. O'Hagan und P. McGarry als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch T. Harris als Bevollmächtigte im Beistand von T. Ward, Barrister, und J. Eady, Solicitor,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. van Beek und J. Enegren als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. März 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180, S. 22).
2 Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen dem Centrum voor gelijkheid van kansen en voor racismebestrijding (Zentrum für Chancengleichheit und für die Bekämpfung des Rassismus), dem Kläger des Ausgangsverfahrens, und der Firma Feryn NV (im Folgenden: Feryn), der Beklagten des Ausgangsverfahrens, wegen der Äußerungen eines ihrer Direktoren, der öffentlich sagte, dass seine Gesellschaft keine Menschen fremder Herkunft einstellen wolle.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Zweck der Richtlinie 2000/43 ist gemäß ihrem Art. 1 „die Schaffung eines Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten”.
4 Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie bestimmt:
„eine unmittelbare Diskriminierung [liegt] vor, wenn eine Person aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde”.
5 Nach ihrem Art. 3 Abs. 1 Buchst. a gilt die Richtlinie für: „die Bedingungen – einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen – für den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg”. Dagegen betrifft die Richtlinie nach ihrem Art. 3 Abs. 2 nicht „unterschiedliche Behandlungen aus Gründen der Staats...