Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Marken. Beschränkung der Wirkungen der Marke. Benutzung der Marke, um auf die Bestimmung einer Ware oder Dienstleistung hinzuweisen
Normenkette
Richtlinie 2008/95/EG Art. 6 Abs. 1 Buchst. c; Richtlinie (EU) 2015/2436 Art. 14 Abs. 1 Buchst. c
Beteiligte
Industria de Diseño Textil SA (Inditex) |
Tenor
Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken
ist dahin auszulegen, dass
er eine Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr, die durch einen Dritten entsprechend den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen als die des Inhabers dieser Marke erfolgt, nur erfasst, wenn eine solche Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer von dem Dritten vertriebenen Ware oder angebotenen Dienstleistung notwendig ist.
Tatbestand
In der Rechtssache C-361/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 12. Mai 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juni 2022, in dem Verfahren
Industria de Diseño Textil SA (Inditex)
gegen
Buongiorno Myalert SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin), der Richter J.-C. Bonichot und S. Rodin sowie der Richterin L. S. Rossi,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Industria de Diseño Textil SA (Inditex), vertreten durch F. Arroyo Álvarez de Toledo und R. Bercovitz Álvarez, Abogados,
- – der Buongiorno Myalert SA, vertreten durch J. J. Marín López, Abogado, und A. Vázquez Pastor, Procuradora,
- – der spanischen Regierung, vertreten durch I. Herranz Elizalde als Bevollmächtigten,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Němečková und J. Samnadda als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. September 2023
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Industria de Diseño Textil SA (Inditex) und der Buongiorno Myalert SA (im Folgenden: Buongiorno), in dem eine Verletzung von Rechten aus einer nationalen Marke geltend gemacht wird, deren Inhaberin Inditex ist, da Buongiorno ohne die Zustimmung von Inditex ein mit dieser Marke identisches Zeichen benutzt habe.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Erste Richtlinie 89/104
Rz. 3
Art. 5 („Rechte aus der Marke“) Abs. 1 und 2 der Ersten Richtlinie 89/104 bestimmte:
„(1) Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
a) ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;
b) ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
(2) Die Mitgliedstaaten können ferner bestimmen, dass es dem Inhaber gestattet ist, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.“
Rz. 4
Art. 6 („Beschränkung der Wirkungen der Marke“) Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104 sah vor:
„Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten,
…
c) die Marke, falls dies notwendig ist, als Hinweise auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung
im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.“
Rz. 5
Die Erste Richtlinie 89/104 wurde durch die am 28. November 2008 in Kraft getretene Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ü...