Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen. Europäischer Haftbefehl. Übergabe, die von der Bedingung abhängig gemacht wird, dass der Betroffene zur Verbüßung der gegen ihn im Ausstellungsmitgliedstaat verhängten Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung in den Vollstreckungsmitgliedstaat rücküberstellt wird. Zeitpunkt der Rücküberstellung. Geltungsbereich. Anpassung der im Ausstellungsstaat verhängten Sanktion. Vollstreckung einer Sanktion im Rahmen von Art. 5 Nr. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI
Normenkette
Rahmenbeschluss 2002/584/JI Art. 5 Nr. 3; Rahmenbeschluss 2008/909/JI Art. 3 Abs. 3, Art. 8, 25
Beteiligte
Tenor
1. Art. 5 Nr. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten in Verbindung mit dessen Art. 1 Abs. 3 sowie mit Art. 1 Buchst. a, Art. 3 Abs. 3 und 4 und Art. 25 des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union jeweils in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass, wenn der Vollstreckungsmitgliedstaat die Übergabe der Person, die Staatsangehöriger dieses Mitgliedstaats oder in diesem wohnhaft ist und gegen die ein Europäischer Haftbefehl für die Zwecke der Strafverfolgung ergangen ist, von der Voraussetzung abhängig macht, dass ihm diese Person nach Gewährung rechtlichen Gehörs zur Verbüßung der Freiheitsstrafe oder der freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung, die im Ausstellungsstaat gegen sie verhängt wird, rücküberstellt wird, der Ausstellungsstaat die Rücküberstellung vornehmen muss, sobald diese Verurteilung rechtskräftig geworden ist, es sei denn, dass konkrete Gründe, die die Achtung der Verteidigungsrechte des Betroffenen oder die geordnete Rechtspflege betreffen, seine Anwesenheit in diesem Staat unabdingbar machen, bis andere Verfahrensschritte im Rahmen des Strafverfahrens, das die Straftat betrifft, aufgrund deren der Europäische Haftbefehl ergangen ist, rechtskräftig abgeschlossen sind.
2. Art. 25 des Rahmenbeschlusses 2008/909 in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass, wenn die Vollstreckung eines für die Zwecke der Strafverfolgung ausgestellten Europäischen Haftbefehls von der in Art. 5 Nr. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584 in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299 geänderten Fassung vorgesehenen Bedingung abhängig gemacht wird, der Vollstreckungsmitgliedstaat für die Vollstreckung der gegen den Betroffenen im Ausstellungsstaat verhängten Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung die Dauer dieser Verurteilung nur unter den in Art. 8 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2008/909 in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299 geänderten Fassung vorgesehenen strengen Voraussetzungen anpassen darf.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank Amsterdam (erstinstanzliches Gericht Amsterdam, Niederlande) mit Entscheidung vom 1. Mai 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Mai 2018, in dem Verfahren wegen der Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls gegen
SF
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer sowie des Richters D. Šváby, der Richterin K. Jürimäe und des Richters N. Piçarra (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Pikamäe,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von SF, vertreten durch T. E. Korff und T. O. M. Dieben, advocaten,
- des Openbaar Ministerie, vertreten durch K. van der Schaft, L. Lunshof und N. Bakkenes als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, C. S. Schillemans und A. M. de Ree als Bevollmächtigte,
- Irlands, vertreten durch G. Hodge und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von L. Dempsey, BL,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Faraci, avvocato dello Stato,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon als Bevollmächtigten im Beistand von D. Blundell, Barrister,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Troosters und S. Grünheid als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Mai 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
D...