Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge. Diskriminierungsverbot. Begriff ‚Beschäftigungsbedingungen’. Vergleichbarkeit der Situationen. Rechtfertigung. Begriff ‚objektive Gründe’. Entschädigung bei der Beendigung eines unbefristeten Arbeitsvertrags aus sachlichem Grund. Geringere Entschädigung, die beim Auslaufen eines Arbeitsvertrag ‚zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung’ gezahlt wird
Normenkette
Richtlinie 1999/70/EG § 4
Beteiligte
Cobra Servicios Auxiliares |
Cobra Servicios Auxiliares, SA |
José David Sánchez Iglesias |
Tenor
Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach in einer Situation wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in der die Kündigung eines zwischen dem Arbeitgeber und einem seiner Kunden geschlossenen Dienstleistungsvertrags zum einen die Beendigung von zwischen diesem Arbeitgeber und einigen seiner Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsverträgen zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung zur Folge hatte und zum anderen zur auf einen sachlichen Grund gestützten kollektiven Entlassung von von diesem Arbeitgeber unbefristet eingestellten Arbeitnehmern geführt hat, die den befristet beschäftigten Arbeitnehmern wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Entschädigung niedriger ist als diejenige, die den unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern gewährt wird.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend drei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Galicia (Oberster Gerichtshof von Galicien, Spanien) mit Entscheidungen vom 27. Dezember 2017 (C-29/18), 26. Dezember 2017 (C-30/18) und 29. Dezember 2017 (C-44/18), beim Gerichtshof eingegangen am 17. Januar 2018 (C-29/18 und C-30/18) und 24. Januar 2018 (C-44/18), in den Verfahren
Cobra Servicios Auxiliares, SA
gegen
José David Sánchez Iglesias (C-29/18),
José Ramón Fiuza Asorey (C-30/18),
Jesús Valiño Lopez (C-44/18),
FOGASA (C-29/18 und C-44/18),
Incatema SL
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter) sowie der Richter T. von Danwitz, E. Levits, C. Vajda und P. G. Xuereb,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der spanischen Regierung, vertreten durch S. Jiménez García als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssachen zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung vom 18. März 1999 über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. 1999, L 175, S. 43) enthalten ist, sowie der Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von drei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Cobra Servicios Auxiliares SA (im Folgenden: Cobra) auf der einen Seite und Herrn José David Sánchez Iglesias (C-29/18), Herrn José Ramón Fiuza Asorey (C-30/18) und Herrn Jesús Valiño Lopez (C-44/18) (im Folgenden zusammen: die Betroffenen) sowie FOGASA (C-29/18 und C-44/18) und der Incatema SL auf der anderen Seite über die Zahlung einer Entschädigung infolge der Auflösung der Arbeitsverträge zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung zwischen den Betroffenen und Cobra.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Der 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/70 lautet:
„Die Unterzeichnerparteien wollten eine Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge schließen, welche die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge und Beschäftigungsverhältnisse niederlegt. Sie haben ihren Willen bekundet, durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse zu verbessern und einen Rahmen zu schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse verhindert.”
Rz. 4
Nach Art. 1 der Richtlinie 1999/70 soll mit dieser „die zwischen den allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen (EGB, UNICE und CEEP) geschlossene Rahmenvereinbarung … durchgeführt werden”.
Rz. 5
Der dritte Absatz der Präambel der Rahmenvereinbarung erläutert:
„Die [Rahmenvereinbarung] legt die allgemeinen Grundsätze un...