Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Energie. Flüssiggassektor. Verbraucherschutz. Verpflichtung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse. Höchstpreis für Flüssiggasbehälter. Pflicht zur Hauszustellung. Auslegung des Urteils vom 20. April 2010, Federutility u. a. (C-265/08, EU:C:2010:205). Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

 

Normenkette

AEUV Art. 106; Richtlinie 2003/55/EG; Richtlinie 2009/73/EG; Richtlinie 2006/123/EG

 

Beteiligte

Repsol Butano

Repsol Butano SA

DISA Gas SAU

Administración del Estado

 

Tenor

Die in Art. 15 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt vorgesehene Bedingung der Verhältnismäßigkeit ist dahin auszulegen, dass sie Maßnahmen wie jenen in den Ausgangsverfahren nicht entgegensteht, die einen Höchstpreis für einen Behälter abgefüllten Flüssiggases festlegen und bestimmten Anbietern die Verpflichtung zur Hauszustellung dieses Gases auferlegen, sofern diese Maßnahmen nur für einen begrenzten Zeitraum aufrechterhalten werden und nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse Erforderliche hinausgehen.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidungen vom 29. Juni 2017 (C-473/17) und vom 19. Juli 2017 (C-546/17), beim Gerichtshof eingegangen am 2. August 2017 (C-473/17) bzw. am 18. September 2017 (C-546/17), in den Verfahren

Repsol Butano SA (C-473/17),

DISA Gas SAU (C-546/17)

gegen

Administración del Estado,

Beteiligte:

Redexis Gas SL,

Repsol Butano SA (C-546/17),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev, E. Regan und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Repsol Butano SA und der DISA Gas SAU, vertreten durch F. Castedo Bartolomé, F. Castedo Álvarez, L. Moliner Oliva und A. Rueda García, abogados,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González und A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch O. Beynet und S. Pardo Quintillán als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Dezember 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. 2003, L 176, S. 57) sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in der Interpretation durch den Gerichtshof im Urteil vom 20. April 2010, Federutility u. a. (C-265/08, EU:C:2010:205).

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen der Repsol Butano SA und der DISA Gas SAU einerseits und der Administración del Estado (staatliche Verwaltung, Spanien) andererseits über die Rechtmäßigkeit des Orden IET/389/2015 por la que se actualiza el sistema de determinación automática de precios máximos de venta, antes de impuestos, de los gases licuados del petróleo envasados y se modifica el sistema de determinación automática de las tarifas de venta, antes de impuestos, de los gases licuados del petróleo por canalización (Verordnung IET/389/2015 zur Aktualisierung des Systems zur automatischen Bestimmung von Vor-Steuer-Höchstpreisen beim Verkauf von abgefüllten Flüssiggasen aus Erdöl und zur Änderung des Systems zur automatischen Bestimmung der Vor-Steuer-Abgabepreise für Flüssiggase aus Erdöl über Leitungen) vom 5. März 2015 (BOE Nr. 58 vom 9. März 2015, S. 20850, im Folgenden: Verordnung IET/389/2015).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2003/55

Rz. 3

Art. 1 der durch die Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55 (ABl. 2009, L 211, S. 94) aufgehobenen Richtlinie 2003/55 sah vor:

„(1) Mit dieser Richtlinie werden gemeinsame Vorschriften für die Fernleitung, die Verteilung, die Lieferung und die Speicherung von Erdgas erlassen. Sie regelt die Organisation und Funktionsweise des Erdgassektors, den Marktzugang, die Kriterien und Verfahren für die Erteilung von Fernleitungs-, Verteilungs-, Liefer- und Speichergenehmigungen für Erdgas sowie den Betrieb der Netze.

(2) Die mit dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften für Erdgas, einschließlich verflüssigtem Erdgas (LNG), gelten auch für Biogas und Gas aus Biomasse oder [andere] Gasarten, soweit es technisch und ohne Beeinträchtigung der Sicherheit möglich ist, diese Gase in...

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