Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Übereinkommen. Gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge

 

Normenkette

Lugano-II Titel II Abschnitt 5 Art. 18-21

 

Beteiligte

Bosworth und Hurley

Peter Bosworth

Colin Hurley

Arcadia Petroleum Limited u. a

 

Tenor

Die Bestimmungen von Titel II Abschnitt 5 (Art. 18 bis 21) des am 30. Oktober 2007 unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, dessen Abschluss im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 2009/430/EG des Rates vom 27. November 2008 genehmigt wurde, sind dahin auszulegen, dass ein Vertrag zwischen einer Gesellschaft und einer als ihr Geschäftsführer tätigen natürlichen Person kein Unterordnungsverhältnis zwischen ihnen schafft und daher nicht als „individueller Arbeitsvertrag” im Sinne dieser Bestimmungen eingestuft werden kann, wenn die betreffende Person die Bedingungen des Vertrags selbst bestimmen kann oder tatsächlich bestimmt und die Kontrolle und Autonomie in Bezug auf das Tagesgeschäft der Gesellschaft sowie die Durchführung ihrer eigenen Aufgaben besitzt; dies gilt auch dann, wenn der oder die Anteilseigner der Gesellschaft den Vertrag beenden können.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court of the United Kingdom (Oberster Gerichtshof des Vereinigten Königreichs) mit Entscheidung vom 20. Oktober 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Oktober 2017, in dem Verfahren

Peter Bosworth,

Colin Hurley

gegen

Arcadia Petroleum Limited u. a.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter A. Arabadjiev, E. Regan, C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Bosworth und Herrn Hurley, vertreten durch A. Briggs und D. Foxton, QC, R. Eschwege, Barrister, sowie T. Greeno und A. Forster, Solicitors,
  • der Arcadia Petroleum Limited u. a., vertreten durch M. Howard, QC, F. Pilbrow und N. Venkatesan, Barristers, sowie S. Trevan, J. Kelly und T. Snelling, Solicitors,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Heller und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,
  • der Schweizer Regierung, vertreten durch M. Schöll als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Januar 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Bestimmungen von Titel II Abschnitt 5 (Art. 18 bis 21) des am 30. Oktober 2007 unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, dessen Abschluss im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 2009/430/EG des Rates vom 27. November 2008 (ABl. 2009, L 147, S. 1) genehmigt wurde (im Folgenden: Lugano-II-Übereinkommen).

Rz. 2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Peter Bosworth und Herrn Colin Hurley einerseits sowie der Arcadia Petroleum Limited und weiteren Gesellschaften andererseits wegen des Ersatzes des Schadens, der diesen Gesellschaften durch betrügerische Handlungen von Herrn Bosworth und Herrn Hurley entstanden sein soll.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Art. 5 des Lugano-II-Übereinkommens bestimmt:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat, kann in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat verklagt werden:

1.

  1. wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;
  2. im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – ist der Erfüllungsort der Verpflichtung

    • für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen;
    • für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen;
  3. ist Buchstabe b nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a;

3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht;

…”

Rz. 4

Art. 18 Ab...

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