Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige. Beitragsunabhängige Sonderleistungen bei Wanderarbeitnehmern. Pflegegeld für Behinderte. Mangelnde Exportierbarkeit

 

Normenkette

EWGV 1408/71 Art. 4 Abs. 2a, Art. 5, 10a; EWGV 1408/71 Anhang VI

 

Beteiligte

Partridge

Vera A. Partridge

Adjudication Officer

 

Tenor

Artikel 10a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992, in Verbindung mit Anhang IIa ist dahin auszulegen, daß die Attendance allowance in seinen Geltungsbereich fällt und folglich eine beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne von Artikel 4 Absatz 2a der Verordnung darstellt, so daß auf den Fall einer Person, die – wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens – nach dem 1. Juni 1992, dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 1247/92, die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Leistung erfüllt, ausschließlich die durch diesen Artikel 10a geschaffene Koordinierungsregelung anzuwenden ist.

 

Gründe

1.

Der Social Security Commissioner hat mit Beschluß vom 2. September 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 11. September 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung (im folgenden: Verordnung Nr. 1408/71), geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992 (ABl. L 136, S. 1), zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Partridge, einer britischen Staatsangehörigen (im folgenden: Klägerin), und dem Adjudication

Officer, in dem es um die Gewährung der in den britischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Attendance allowance (Pflegegeld für Behinderte; im folgenden: AA) geht.

Die nationale Regelung

3.

Vor dem 1. April 1992 waren im britischen Recht zwei Leistungen bei Invalidität vorgesehen: die AA und die Mobility Allowance (Mobilitätsbeihilfe; im folgenden: MA).

4.

Am 1. April 1992 wurde durch, den Disability Living Allowance and Disability Working Allowance Act 1991 (Gesetz von 1991 über die Unterhaltsbeihilfe für Behinderte und die Beschäftigungsbeihilfe für Behinderte) die 5disability living allowance” (Unterhaltsbeihilfe für Behinderte; im folgenden: DLA) geschaffen, um die es im Urteil vom 4. November 1997 in der Rechtssache C-20/96 (Snares, Slg. 1997, I-6057) ging. Die DLA hat zwei Bestandteile: einen Pflegebestandteil, der für pflegebedürftige Personen bestimmt ist und der früheren AA entspricht, und einen Mobilitätsbestandteil, der für Personen bestimmt ist, deren Gehfähigkeit beeinträchtigt ist, und der früheren MA entspricht. Beim Pflegebestandteil wird je nach der Art der Behinderung der Person und dem Grad der Pflegebedürftigkeit einer von drei und beim Mobilitätsbestandteil je nach Art und Umfang der Beeinträchtigung der Gehfähigkeit einer von zwei verschiedenen Sätzen gezahlt. Die ersten beiden Sätze des Pflegebestandteils entsprechen den Sätzen der AA, der erste Satz des Mobilitätsbestandteils entspricht dem der MA.

5.

Mit Wirkung vom 1. April 1992 wurden bereits gewährte Pflegegelder bei Empfängern unter 65 Jahren und Mobilitätsbeihilfen in den Pflege- und Mobilitätsbestandteil der DLA umgewandelt. Ab diesem Zeitpunkt wurden daher keine neuen Pflegegelder oder Mobilitätsbeihilfen mehr gewährt, mit Ausnahme des Pflegegeldes für Empfänger im Alter von über 65 Jahren. In diesem letztgenannten Fall wird das Pflegegeld, das früher durch den Social Security Act 1975 geregelt wurde, auf der Grundlage von Section 64(1) des Social Security Contributions and Benefits Act 1992 (Gesetz von 1992 über Sozialversicherungsbeiträge und -leistungen) und der Social Security (Attendance Allowance) Regulations 1991 (Sozialversicherungsverordnung von 1991 über die Gewährung von Pflegegeld) gewährt.

6.

Die AA ist ebenso wie die DLA und früher die MA eine beitragsunabhängige Leistung, die keine Arbeitsunfähigkeit voraussetzt und ungeachtet der Bedürftigkeit gewährt wird. Wer sie verlangt, muß aber bestimmte Voraussetzungen in bezug auf den Wohnort und die Anwesenheit in Großbritannien erfüllen.

7.

Regulation 2(1) und (2) der Social Security (Attendance Allowance) Regulations 1991 sieht vor:

”(1)

Vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen dieser Regulation bestehen die vorgeschriebenen Voraussetzungen im Sinne von [Section 64(...

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