Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Transparente Information. Informationspflicht des Verantwortlichen. Vertretung von betroffenen Personen durch einen Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen. Verbandsklage ohne Auftrag und unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einer betroffenen Person. Auf eine Verletzung der Informationspflicht durch den Verantwortlichen gestützte Klage. Begriff ‚Verletzung der Rechte einer betroffenen Person infolge einer Verarbeitung‘
Normenkette
EUVO 679/2016 Art. 12 Abs. 1 S. 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. c, e, Art. 80 Abs. 2
Beteiligte
Meta Platforms Ireland (Action représentative) |
Meta Platforms Ireland Ltd |
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände– Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. |
Tenor
Art. 80 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)
ist dahin auszulegen, dass
die Voraussetzung, wonach eine befugte Einrichtung, um eine Verbandsklage im Sinne dieser Bestimmung erheben zu können, geltend machen muss, dass ihres Erachtens die in dieser Verordnung vorgesehenen Rechte einer betroffenen Person „infolge einer Verarbeitung“ im Sinne dieser Bestimmung verletzt wurden, erfüllt ist, wenn sich diese Einrichtung darauf beruft, dass die Verletzung der Rechte dieser Person anlässlich einer Verarbeitung personenbezogener Daten geschieht und auf einer Missachtung der Pflicht beruht, die dem Verantwortlichen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e der Verordnung obliegt, der betroffenen Person spätestens bei dieser Datenerhebung Informationen über den Zweck der Datenverarbeitung und die Empfänger der Daten in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln.
Tatbestand
In der Rechtssache C-757/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 10. November 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Dezember 2022, in dem Verfahren
Meta Platforms Ireland Ltd,vormals Facebook Ireland Ltd,
gegen
Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände–Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin O. Spineanu-Matei, der Richter J.-C. Bonichot und S. Rodin sowie der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin),
Generalanwalt: J. Richard de la Tour,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2023,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Meta Platforms Ireland Ltd, vertreten durch Rechtsanwälte M. Braun und H.-G. Kamann sowie Rechtsanwältin V. Wettner,
- – des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V., vertreten durch Rechtsanwalt P. Wassermann,
- – der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und P.-L. Krüger als Bevollmächtigte,
- – der portugiesischen Regierung, vertreten durch P. Barros da Costa, J. Ramos und C. Vieira Guerra als Bevollmächtigte,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, F. Erlbacher und H. Kranenborg als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Januar 2024
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 80 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1, im Folgenden: DSGVO) in Verbindung mit deren Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Meta Platforms Ireland Ltd, vormals Facebook Ireland Ltd, deren Sitz sich in Irland befindet, und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (Deutschland) (im Folgenden: Bundesverband) wegen eines Verstoßes von Meta Platforms Ireland gegen die deutschen Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten, der zugleich eine unlautere Geschäftspraxis, einen Verstoß gegen ein Verbraucherschutzgesetz und einen Verstoß gegen das Verbot der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen darstelle.
Rechtlicher Rahmen
DSGVO
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 10, 13, 39, 58, 60 und 142 der DSGVO heißt es:
„(10) Um ein gleichmäßiges und hohes Datenschutzniveau für natürliche Personen zu gewährleisten und die Hemmnisse für den Verkehr person...