Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Maßnahmen gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung. Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Rechtfertigung. Apotheken. Direktbelieferung von Krankenhäusern mit pharmazeutischen Produkten. Nähe zum betreffenden Krankenhaus
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Bundesrepublik Deutschland |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 9. März 2007,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Schima als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch M. Lumma und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász, J. Malenovský (Berichterstatter) und T. von Danwitz,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Grass,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. April 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 28 EG und 30 EG verstoßen hat, indem sie in § 14 Abs. 5 und 6 des Apothekengesetzes in seiner seit dem 21. Juni 2005 geltenden Fassung (im Folgenden: ApoG) kumulative Anforderungen an einen Arzneimittelversorgungsvertrag stellt, die dazu führen, dass die reguläre Versorgung eines Krankenhauses durch Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland praktisch unmöglich gemacht wird.
Nationales Recht
Rz. 2
§ 14 Abs. 1 bis 6 ApoG enthält die Bestimmungen über die Arzneimittelversorgung der Krankenhäuser.
Rz. 3
Nach dieser Vorschrift können die Krankenhäuser wählen, ob sie ihre Arzneimittelversorgung einer internen Apotheke, d. h. einer in den Räumen des betreffenden Krankenhauses betriebenen und im Allgemeinen der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Apotheke, oder der Apotheke eines anderen Krankenhauses oder einer Apotheke außerhalb eines Krankenhauses (im Folgenden: externe Apotheke) anvertrauen wollen. Entscheidet sich ein Krankenhaus dafür, sich durch die Apotheke eines anderen Krankenhauses oder über eine externe Apotheke mit Arzneimitteln versorgen zu lassen, muss es mit dieser Apotheke einen Vertrag schließen, der den in § 14 Abs. 4 bis 6 ApoG (im Folgenden: streitige Bestimmungen) aufgeführten Bedingungen unterliegt.
Rz. 4
§ 14 Abs. 1 bis 6 ApoG lautet:
„(1) Dem Träger eines Krankenhauses ist auf Antrag die Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke zu erteilen, wenn er
- die Anstellung eines Apothekers, der die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 sowie Abs. 3, auch in Verbindung mit Abs. 2 oder 2a, erfüllt, und
- die für Krankenhausapotheken nach der Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebenen Räume nachweist.
Der Leiter der Krankenhausapotheke oder ein von ihm beauftragter Apotheker hat die Ärzte des Krankenhauses über Arzneimittel zu informieren und zu beraten, insbesondere im Hinblick auf eine zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie. Dies gilt auch insoweit, als die ambulante Versorgung berührt ist.
(2) Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass bei der Erteilung eine der nach Absatz 1 Satz 1 erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hat. Sie ist zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen nach Absatz 1 weggefallen ist oder wenn der Erlaubnisinhaber oder eine von ihm beauftragte Person den Bestimmungen dieses Gesetzes, der auf Grund des § 21 erlassenen Rechtsverordnung oder den für die Herstellung von Arzneimitteln oder den Verkehr mit diesen erlassenen Rechtsvorschriften gröblich oder beharrlich zuwiderhandelt. Entsprechend ist hinsichtlich der Genehmigung nach Absatz 5 Satz 1 und 3 zu verfahren, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 5 Satz 2 nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.
(3) Wer als Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke nach Absatz 1 beabsichtigt, ein weiteres, nicht von ihm selbst getragenes Krankenhaus mit Arzneimitteln zu versorgen, hat dazu mit dem Träger dieses Krankenhauses einen schriftlichen Vertrag zu schließen.
(4) Wer als Träger eines Krankenhauses beabsichtigt, das Krankenhaus von dem Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nach § 1 Abs. 2 oder nach den Gesetzen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum versorgen zu lassen, hat mit dem Inhaber dieser Erlaubnis einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Erfüllungsort für die vertraglichen Versorgungsleistungen ist der Sitz des Krankenhauses. Anzuwendendes Recht ist deutsches Recht.
(5) Der nach Absatz 3 oder 4 geschlossene Vertrag bedarf zu ...