Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. Ausnahmen und Beschränkungen. Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen zu Zwecken der Forschung und privater Studien. Buch, das einzelnen Mitgliedern der Öffentlichkeit in einer öffentlich zugänglichen Bibliothek auf eigens hierfür eingerichteten Terminals zugänglich gemacht wird. Begriff des Werks, für das keine ‚Regelungen über Verkauf und Lizenzen’. gelten. Recht der Bibliothek, ein zu ihrem Bestand gehörendes Werk zu digitalisieren, um es auf eigens hierfür eingerichteten Terminals zugänglich zu machen. Zugänglichmachung des Werks auf eigens hierfür eingerichteten Terminals, die es ermöglichen, das Werk auf Papier auszudrucken oder auf einem USB-Stick zu speichern
Normenkette
Richtlinie 2001/29/EG Art. 5 Abs. 3 Buchst. n
Beteiligte
Technische Universität Darmstadt |
Tenor
1. Der Begriff „Regelungen über Verkauf und Lizenzen” in Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist in dem Sinne zu verstehen, dass der Rechtsinhaber und eine in dieser Bestimmung genannte Einrichtung, wie eine öffentlich zugängliche Bibliothek, für das betroffene Werk einen Lizenz- oder Nutzungsvertrag geschlossen haben müssen, in dem die Bedingungen für die Nutzung des Werks durch die Einrichtung festgelegt sind.
2. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, öffentlich zugänglichen Bibliotheken, die unter diese Bestimmungen fallen, das Recht einzuräumen, in ihren Sammlungen enthaltene Werke zu digitalisieren, wenn diese Vervielfältigungshandlung erforderlich ist, um den Nutzern diese Werke auf eigens hierfür eingerichteten Terminals in den Räumlichkeiten dieser Einrichtungen zugänglich zu machen.
3. Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er nicht Handlungen erfasst wie das Ausdrucken von Werken auf Papier oder ihr Speichern auf einem USB-Stick, die von Nutzern auf Terminals vorgenommen werden, die in unter diese Bestimmung fallenden öffentlich zugänglichen Bibliotheken eigens eingerichtet sind. Solche Handlungen können allerdings gegebenenfalls durch die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen gemäß Art. 5 Abs. 2 Buchst. a oder b dieser Richtlinie gestattet sein, sofern im Einzelfall die in diesen Bestimmungen festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 20. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 14. März 2013, in dem Verfahren
Technische Universität Darmstadt
gegen
Eugen Ulmer KG
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Safjan und J. Malenovský sowie der Richterinnen A. Prechal (Berichterstatterin) und K. Jürimäe,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2014,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Technischen Universität Darmstadt, vertreten durch Rechtsanwälte N. Rauer und D. Ettig,
- der Eugen Ulmer KG, vertreten durch Rechtsanwälte U. Karpenstein und G. Schulze,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, J. Kemper und K. Petersen als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino und A. Collabolletta, avvocati dello Stato,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigter,
- der finnischen Regierung, vertreten durch H. Leppo als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Bulst und J. Samnadda als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Juni 2014
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Technischen Universität Darmstadt (im Folgenden: TU Darmstadt) und der Eugen Ulmer KG (im Folgenden: Ulmer). Im Mittelpunkt dieses Rechtsstreits steht die Frage, ob die TU Darmstadt ein Buch, das sich in ihrer Bibliothek befindet und an dem Ulmer die Verlagsrechte hält, auf Terminals in den Räumlichkeiten der Bibliothek öffentlich zugänglich machen durfte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 31, 34, 36, 40, 44, 45 und 51 der Richtlinie 2001/29 haben ...