Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldbuße für Zollvergehen, Beitrittsakte Tschechien, fehlende Veröffentlichung einer Regelung im Amtsblatt der EU in der Amtssprache des Mitgliedstaates
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 58 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge gestattet es nicht, dass Verpflichtungen, die in einer Gemeinschaftsregelung enthalten sind, die nicht im Amtsblatt der Europäischen Union in der Sprache eines neuen Mitgliedstaats veröffentlicht worden ist, obwohl diese Sprache eine Amtssprache der Europäischen Union ist, Einzelnen in diesem Staat auferlegt werden, auch wenn sie über andere Medien Kenntnis von dieser Regelung hätten haben können.
2. Mit der Feststellung, dass eine Gemeinschaftsverordnung, die in der Sprache eines Mitgliedstaats nicht veröffentlicht worden ist, gegenüber Einzelnen in diesem Staat nicht angewandt werden kann, nimmt der Gerichtshof eine Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Sinne von Art. 234 EG vor.
Normenkette
EGVtr Art. 234; Beitrittsakte Art. 58
Beteiligte
Celní reditelství Olomouc |
Verfahrensgang
Krajský soud v Ostrave (Tschechische Republik) (Urteil vom 10.03.2006; Abl.EU 2006, Nr. C 121/9) |
Tatbestand
„Akte über die Bedingungen des Beitritts zur Europäischen Union ‐ Art. 58 ‐ Gemeinschaftsrechtliche Regelung ‐ Keine Übersetzung in die Sprache eines Mitgliedstaats ‐ Anwendbarkeit gegenüber dem Einzelnen“
In der Rechtssache C-161/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Krajský soud v Ostrave (Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 10. März 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 24. März 2006, in dem Verfahren
Skoma-Lux sro
gegen
Celní reditelství Olomouc
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts und A. Tizzano, des Richters R. Schintgen, der Richterin R. Silva de Lapuerta, des Richters K. Schiemann, der Richterin P. Lindh sowie der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter), T. von Danwitz und A. Arabadjiev,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Skoma-Lux sro, vertreten durch P. Ritter, advokát,
‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch T. Boček als Bevollmächtigten,
‐ der estnischen Regierung, vertreten durch L. Uibo als Bevollmächtigten,
‐ der lettischen Regierung, vertreten durch K. Bārdiŋa und R. Kaškina als Bevollmächtigte,
‐ der polnischen Regierung, vertreten durch E. Ośniecka-Tamecka, M. Kapko und M. Kamejsza als Bevollmächtigte,
‐ der slowakischen Regierung, vertreten durch J. Čorba als Bevollmächtigten,
‐ der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse und A. Falk als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Hottiaux, M. Šimerdová und P. Aalto als Bevollmächtigte,
‐ nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 18. September 2007
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 58 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33, im Folgenden: Beitrittsakte), aufgrund deren die Tschechische Republik mit Wirkung vom 1. Mai 2004 ein Mitgliedstaat der Europäischen Union geworden ist.
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft Skoma-Lux sro (im Folgenden: Skoma-Lux) und dem Celní ředitelství Olomouc (Zolldirektion Olomouc, im Folgenden: Zolldirektion) wegen einer Geldbuße, die Skoma-Lux für Zollvergehen, die sie zwischen März und Mai 2004 begangen haben soll, auferlegt wurde. Skoma-Lux ist der Auffassung, die Zolldirektion habe sich ihr gegenüber nicht auf eine Gemeinschaftsregelung berufen können, die noch nicht in tschechischer Sprache im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht gewesen sei.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Die Beitrittsakte
3
Die Beitrittsakte ist Bestandteil des Vertrags zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Finnland, dem Königre...