Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. EAG-Vertrag. Geltungsbereich. Militärische Einrichtungen. Gesundheitsschutz. Stilllegung eines Atomreaktors. Ableitung radioaktiver Stoffe
Beteiligte
Kommission / Vereinigtes Königreich |
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage gemäß Artikel 141 EA, eingereicht am 14. Februar 2003,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Ström und X. Lewis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch P. Ormond und C. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von D. Wyatt, QC, sowie S. Tromans, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
unterstützt durch
Französische Republik, vertreten durch R. Abraham, G. de Bergues und E. Puisais als Bevollmächtigte,
Streithelferin,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans und A. Rosas (Berichterstatter), der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta und des Kammerpräsidenten A. Borg Barthet, der Richterin N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr, J. N. Cunha Rodrigues, P. Kuris, E. Juhász, G. Arestis und M. Ilešic,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2004,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Dezember 2004
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragt mit ihrer Klage die Feststellung, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 37 EA verstoßen hat, dass es keine allgemeinen Angaben in Verbindung mit einem Plan zur Ableitung radioaktiver Stoffe im Zusammenhang mit der Stilllegung des Reaktors Jason am Royal Naval College Greenwich übermittelt hat.
Rechtlicher Rahmen
2 Nach der Präambel des EAG-Vertrags handelten dessen Unterzeichner „in dem Bewusstsein, dass die Kernenergie eine unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung … der Wirtschaft und für den friedlichen Fortschritt darstellt”, „entschlossen, die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen, welche die Energieerzeugung erweitert, … und auf zahlreichen anderen Gebieten zum Wohlstand ihrer Völker beiträgt”, „in dem Bestreben, die Sicherheiten zu schaffen, die erforderlich sind, um alle Gefahren für das Leben und die Gesundheit ihrer Völker auszuschließen”, und „in dem Wunsch, … mit den zwischenstaatlichen Einrichtungen zusammenzuarbeiten, die sich mit der friedlichen Entwicklung der Kernenergie befassen”.
3 Nach Artikel 1 EA hat die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) die Aufgabe, „durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen”.
4 Artikel 2 EA lautet wie folgt:
„Zur Erfüllung ihrer Aufgabe hat die Gemeinschaft nach Maßgabe des Vertrages:
- die Forschung zu entwickeln und die Verbreitung der technischen Kenntnisse sicherzustellen;
- einheitliche Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen;
- die Investitionen zu erleichtern und, insbesondere durch Förderung der Initiative der Unternehmen, die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherzustellen, die für die Entwicklung der Kernenergie in der Gemeinschaft notwendig sind;
- für regelmäßige und gerechte Versorgung aller Benutzer der Gemeinschaft mit Erzen und Kernbrennstoffen Sorge zu tragen;
- durch geeignete Überwachung zu gewährleisten, dass die Kernstoffe nicht anderen als den vorgesehenen Zwecken zugeführt werden;
- das ihr zuerkannte Eigentumsrecht an besonderen spaltbaren Stoffen auszuüben;
- ausgedehnte Absatzmärkte und den Zugang zu den besten technischen Mitteln sicherzustellen, und zwar durch die Schaffung eines gemeinsamen Marktes für die besonderen auf dem Kerngebiet verwendeten Stoffe und Ausrüstungen, durch den freien Kapitalverkehr für Investitionen auf dem Kerngebiet und durch die Freiheit der Beschäftigung für die Fachkräfte innerhalb der Gemeinschaft;
- zu den anderen Ländern und den zwischenstaatlichen Einrichtungen alle Verbindungen herzustellen, die geeignet sind, den Fortschritt bei der friedlichen Verwendung der Kernenergie zu fördern.”
5 Titel II des Vertrages („Die Förderung des Fortschritts auf dem Gebiet der Kernenergie”) umfasst u. a. ein Kapitel 3 („Der Gesundheitsschutz”), das aus den Artikeln 30 EA bis 39 EA besteht.
6 Die Artikel 30 EA ...