Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrerstattung, falsche Angabe des Ausführers in der Ausfuhranmeldung, Voraussetzung der Berichtigung der Ausfuhranmeldung
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 5 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 90/2001 der Kommission vom 17. Januar 2001 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Inhaber einer Ausfuhrlizenz grundsätzlich nur dann Anspruch auf Ausfuhrerstattung hat, wenn er in Feld 2 der bei der zuständigen Zollstelle abgegebenen Ausfuhranmeldung als Ausführer eingetragen ist.
2. Art. 78 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass er eine nachträgliche Überprüfung der Ausfuhranmeldung zu Erstattungszwecken gestattet, um den Namen des Ausführers in dem hierfür vorgesehenen Feld zu ändern, und dass die Zollbehörden verpflichtet sind,
‐ erstens zu prüfen, ob eine Überprüfung dieser Anmeldung als möglich anzusehen ist, insbesondere da die Ziele der Unionsregelung auf dem Gebiet der Ausfuhrerstattungen nicht gefährdet und die fraglichen Waren tatsächlich ausgeführt wurden, was der Antragsteller nachzuweisen hat, und
‐ zweitens gegebenenfalls die Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln.
3. Art. 5 Abs. 7 der Verordnung Nr. 800/1999 in der durch die Verordnung Nr. 90/2001 geänderten Fassung sowie die Zollregelung der Union sind dahin auszulegen, dass die Zollbehörden in einem Fall wie dem der Rechtssache C-608/10, in dem der Inhaber einer Ausfuhrlizenz nicht als Ausführer in Feld 2 der Ausfuhranmeldung eingetragen ist, ihm die Ausfuhrerstattung nicht gewähren können, ohne dass zuvor die Ausfuhranmeldung berichtigt wird.
4. In einem Fall, wie er Gegenstand der Rechtssachen C-10/11 und C-23/11 ist, ist die Zollregelung der Union dahin auszulegen, dass das für die Zahlung der Ausfuhrerstattung zuständige Hauptzollamt an eine von der Ausfuhrzollstelle vorgenommene nachträgliche Berichtigung der Eintragung in Feld 2 der Ausfuhranmeldung oder gegebenenfalls des Kontrollexemplars T 5 gebunden ist, wenn die Berichtigungsentscheidung sämtliche formellen und materiellen Voraussetzungen erfüllt, die für eine „Entscheidung“ sowohl nach Art. 4 Nr. 5 der Verordnung Nr. 2913/92 als auch nach den einschlägigen Bestimmungen des betreffenden nationalen Rechts bestehen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen in den Ausgangsverfahren erfüllt sind.
5. Art. 5 Abs. 7 der Verordnung Nr. 800/1999 in der durch die Verordnung Nr. 90/2001 geänderten Fassung sowie die Zollregelung der Union sind dahin auszulegen, dass das für die Zahlung der Ausfuhrerstattung zuständige Zollamt in einem Fall wie dem der Rechtssache C-23/11 und unter der Voraussetzung, dass es nach dem nationalen Recht nicht an die Berichtigung durch die Ausfuhrzollstelle gebunden ist, die Eintragung in Feld 2 der Ausfuhranmeldung nicht wörtlich nehmen und den Antrag auf Ausfuhrerstattung nicht mit der Begründung ablehnen darf, dass der Antragsteller nicht der Ausführer der Erstattungserzeugnisse sei. Hat das zuständige Zollamt hingegen dem Berichtigungsantrag stattgegeben und den Namen des Ausführers wirksam berichtigt, ist das für die Zahlung der Ausfuhrerstattung zuständige Zollamt an diese Entscheidung gebunden.
Normenkette
EGV 800/1999 Art. 5 Abs. 7; EWGV 2913/92 Art. 78 Abs. 1, 3
Beteiligte
Fleischkontor Moksel GmbH |
WEGO Landwirtschaftliche Schlachtstellen GmbH |
Hauptzollamt Hamburg-Jonas |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Landwirtschaft ‐ Ausfuhrerstattungen ‐ Falsche Angabe des Ausführers in der Ausfuhranmeldung ‐ Nationale Regelung, nach der der Anspruch auf Ausfuhrerstattung voraussetzt, dass der Anmelder in der Ausfuhranmeldung als Ausführer ausgegeben ist ‐ Berichtigung der Ausfuhranmeldung nach Überlassung der Waren“
In den verbundenen Rechtssachen C-608/10, C-10/11 und C-23/11
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidungen vom 9. November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Dezember 2010 sowie am 10. und 17. Januar 2011, in den Verfahren
Südzucker AG (C-608/10),
WEGO Landwirtschaftliche Schlachtstellen GmbH (C-10/11),
Fleischkontor Moksel GmbH (C-23/11)
gegen
Hauptzollamt Hamburg-Jonas
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter M. Safjan, E. Levits und J.-J. Kasel sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Südzucker AG und d...