Entscheidungsstichwort (Thema)
Europäisches Parlament. Wahlen. Wahlrecht. Staatsangehörige des Commonwealth, die ihren Wohnsitz in Gibraltar haben und nicht die Unionsbürgerschaft besitzen
Beteiligte
Spanien / Vereinigtes Königreich |
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 227 EG, eingereicht am 18. März 2004,
Königreich Spanien, vertreten durch N. Díaz Abad, F. Díez Moreno und I. del Cuvillo Contreras als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Kläger,
gegen
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch R. Caudwell als Bevollmächtigte im Beistand von P. Goldsmith, D. Wyatt und D. Anderson, QC, sowie M. Chamberlain, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
unterstützt durch:
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Ladenburger als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelferin,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas (Berichterstatter), K. Schiemann und J. Makarczyk sowie der Richter J.-P. Puissochet, P. Kūris, E. Juhász, E. Levits und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: A. Tizzano,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2005,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. April 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Mit seiner Klage beantragt das Königreich Spanien, festzustellen, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 189 EG, 190 EG, 17 EG und 19 EG sowie aus dem Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments im Anhang zum Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. September 1976 (ABl. L 278, S. 1) in der durch den Beschluss 2002/772/EG, Euratom des Rates vom 25. Juni 2002 und vom 23. September 2002 (ABl. L 283, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Akt von 1976) verstoßen hat, dass es den European Parliament (Representation) Act 2003 (im Folgenden: EPRA 2003) erlassen hat.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
2 Artikel 17 EG lautet:
„(1) Es wird eine Unionsbürgerschaft eingeführt. Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Die Unionsbürgerschaft ergänzt die nationale Staatsbürgerschaft, ersetzt sie aber nicht.
(2) Die Unionsbürger haben die in diesem Vertrag vorgesehenen Rechte und Pflichten.”
3 Für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts hat das Vereinigte Königreich den Begriff „Staatsangehörige” in einer Erklärung definiert, die der Schlussakte des Vertrages über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zu den Europäischen Gemeinschaften beigefügt ist (ABl. 1972, L 73, S. 196, im Folgenden: Erklärung von 1972). Aufgrund des Inkrafttretens eines neuen Gesetzes über die Staatsangehörigkeit im Vereinigten Königreich wurde diese Erklärung 1982 durch eine neue Erklärung ersetzt (ABl. 1983, C 23, S. 1, im Folgenden: Erklärung von 1982), in der folgende Kategorien genannt werden:
- „Britische Bürger;
- Personen, die gemäß Abschnitt IV de[s] ‚British Nationality Act 1981’ britische Untertanen sind und das Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich besitzen und aufgrund dieser Tatsache von der Einwanderungskontrolle des Vereinigten Königreichs befreit sind;
- Bürger der ‚British Dependent Territories’, die ihre Staatsbürgerschaft aufgrund einer Verbindung mit Gibraltar erwerben”.
4 Artikel 19 Absatz 2 EG bestimmt:
„Unbeschadet des Artikels 190 Absatz 4 und der Bestimmungen zu dessen Durchführung besitzt jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats. Dieses Recht wird vorbehaltlich der Einzelheiten ausgeübt, die vom Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments festgelegt werden; in diesen können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, wenn dies aufgrund besonderer Probleme eines Mitgliedstaats gerechtfertigt ist.”
5 Der Rat hat nach dieser Bestimmung die Richtlinie 93/109/EG des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (ABl. L 329, S. 34), erlassen.
6 Artikel 189 Absatz 1 EG lautet:
„Das Europäische Parlament beste...