Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste. Begriff ‚elektronische Kommunikationsdienste’. Übertragung von Signalen. Internetbasierter E-Mail-Dienst. Dienst Gmail
Normenkette
Richtlinie 2002/21/EG Art. 2 Buchst. c
Beteiligte
Bundesrepublik Deutschland |
Tenor
Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein internetbasierter E-Mail-Dienst, der wie der von der Google LLC erbrachte Dienst Gmail keinen Internetzugang vermittelt, nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze besteht und daher keinen „elektronischen Kommunikationsdienst” im Sinne dieser Bestimmung darstellt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Deutschland) mit Entscheidung vom 26. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 19. März 2018, in dem Verfahren
Google LLC
gegen
Bundesrepublik Deutschland
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe sowie der Richter D. Šváby, S. Rodin und N. Piçarra,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Google LLC, vertreten durch die Rechtsanwälte H. Neumann, B. Tavakoli und M. Wortmann,
- der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch C. Mögelin und V. Janßen als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und D. Klebs als Bevollmächtigte,
- der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und G. Koçs als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und L. Nicolae als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 33) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. 2009, L 337, S. 37, berichtigt im ABl. 2013, L 241, S. 8) geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenrichtlinie).
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Google LLC und der Bundesrepublik Deutschland über einen Bescheid der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Deutschland) (im Folgenden: BNetzA), mit dem festgestellt wurde, dass es sich bei dem E-Mail-Dienst Gmail von Google um einen Telekommunikationsdienst handelt, und diese Gesellschaft daher unter Androhung eines Zwangsgelds dazu aufgefordert wurde, ihrer Meldepflicht nachzukommen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Der zehnte Erwägungsgrund der Rahmenrichtlinie lautet:
„Die Begriffsbestimmung für ‚Dienste der Informationsgesellschaft’ in Artikel 1 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft [(ABl. 1998, L 204, S. 37) in der durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. 1998, L 217, S. 18) geänderten Fassung] umfasst einen weiten Bereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die online erfolgen. Die meisten dieser Tätigkeiten werden vom Geltungsbereich der vorliegenden Richtlinie nicht erfasst, weil sie nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen. Sprachtelefonie- und E-Mail-Übertragungsdienste werden von dieser Richtlinie erfasst. Dasselbe Unternehmen, beispielsweise ein Internet-Diensteanbieter, kann sowohl elektronische Kommunikationsdienste, wie den Zugang zum Internet, als auch nicht unter diese Richtlinie fallende Dienste, wie die Bereitstellung von Internet gestützten Inhalten, anbieten.”
Rz. 4
Art. 2 Buchst. c der Rahmenrichtlinie sieht vor:
„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
…
c) ‚elektronische Kommunikationsdienste’: gewöhnlich gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, einschließlich Telekommunikations- und Übertragungsdienste in Rund...