Entscheidungsstichwort (Thema)
Brüsseler Übereinkommen. Artikel 6 Nummer 1. Mehrheit von Beklagten. Zuständigkeit des Gerichts, in dessen Bezirk einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat. Klage wegen Verletzung eines europäischen Patents. In verschiedenen Vertragsstaaten ansässige Beklagte. In mehreren Vertragsstaaten begangene Verletzungshandlungen
Beteiligte
Tenor
Artikel 6 Nummer 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der zuletzt durch das Übereinkommen vom 29. November 1996 über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden geänderten Fassung ist so auszulegen, dass er im Rahmen eines Rechtsstreits wegen Verletzung eines europäischen Patents, der gegen mehrere in verschiedenen Vertragsstaaten ansässige Gesellschaften aufgrund von im Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Vertragsstaaten begangenen Handlungen geführt wird, auch dann nicht anwendbar ist, wenn die demselben Konzern angehörenden Gesellschaften gemäß einer gemeinsamen Geschäftspolitik, die eine der Gesellschaften allein ausgearbeitet hat, in derselben oder in ähnlicher Weise gehandelt haben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden mit Entscheidung vom 19. Dezember 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Dezember 2003, in dem Verfahren
Roche Nederland BV u. a.
gegen
Frederick Primus,
Milton Goldenberg
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter K. Schiemann, K. Lenaerts, E. Juhász und M. Ilešič,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Roche Nederland BV u. a., vertreten durch P. A. M. Hendrick, O. Brouwer, B. J. Berghuis und K. Schillemans, advocaten,
- von F. Primus und M. Goldenberg, vertreten durch W. Hoyng, advocaat,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und J. G. M. van Bakel als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A. Bodard-Hermant als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch E. O'Neill als Bevollmächtigte im Beistand von M. Tappin, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A.-M. Rouchaud-Joët und R. Troosters als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Dezember 2005
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 6 Nummer 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der Fassung der Übereinkommen vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (ABl. L 304, S. 1 und – geänderter Text – S. 77), vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik Griechenland (ABl. L 388, S. 1), vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik (ABl. L 285, S. 1) und vom 29. November 1996 über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden (ABl. 1997, C 15, S. 1) (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Roche Nederland BV und acht anderen Gesellschaften des Roche-Konzerns auf der einen und Herrn Primus und Herrn Goldenberg auf der anderen Seite über die von Letzteren behauptete Verletzung eines ihnen gehörenden europäischen Patents.
Rechtlicher Rahmen
Brüsseler Übereinkommen
3 Artikel 2 Absatz 1 in Titel II („Zuständigkeit”) 1. Abschnitt („Allgemeine Vorschriften”) des Brüsseler Übereinkommens bestimmt:
„Vorbehaltlich der Vorschriften dieses Übereinkommens sind Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen.”
4 Artikel 3 Absatz 1 des Übereinkommens lautet:
„Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates nur gemäß den Vorschriften des 2. bis 6. Abschnitts verklagt werden.”
5 Artikel 6 in Titel II 2. Abschnitt („Besondere Zuständigkeiten”) des Übereinkommens bestimmt:
„Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann auch verklagt werden:
1. wenn me...