Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Diskriminierung wegen des Alters. Nationale Vorschrift. Voraussetzung für die Einstellung örtlicher Polizeibeamter. Festsetzung eines Höchstalters von 30 Jahren. Rechtfertigungsgründe
Normenkette
Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 21; Richtlinie 2000/78/EG Art. 2 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Beteiligte
Tenor
Art. 2 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die das Höchstalter für die Einstellung örtlicher Polizeibeamter auf 30 Jahre festlegt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Contencioso-Administrativo n° 4 de Oviedo (Spanien) mit Entscheidung vom 16. Juli 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Juli 2013, in dem Verfahren
Mario Vital Pérez
gegen
Ayuntamiento de Oviedo
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer, sowie der Richter J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev und J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Vital Pérez, vertreten durch M. Noval Pato und I. Fernández-Jardón Fernández, abogados,
- der spanischen Regierung, vertreten durch J. García-Valdecasas Dorrego und L. Banciella Rodríguez-Miñon als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und R. Coesme als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Varone, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und D. Martin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Juli 2014
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16) sowie von Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Vital Pérez gegen das Ayuntamiento de Oviedo (Stadt Oviedo, im Folgenden: Ayuntamiento) wegen dessen Beschlusses, die Bekanntmachung eines Auswahlverfahrens zu genehmigen, nach der die Bewerber für Stellen bei der örtlichen Polizei nicht älter als 30 Jahre sein dürfen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 18, 23 und 25 der Richtlinie 2000/78 lauten:
„(18) Insbesondere darf mit dieser Richtlinie den Streitkräften sowie der Polizei, den Haftanstalten oder den Notfalldiensten unter Berücksichtigung des rechtmäßigen Ziels, die Einsatzbereitschaft dieser Dienste zu wahren, nicht zur Auflage gemacht werden, Personen einzustellen oder weiter zu beschäftigen, die nicht den jeweiligen Anforderungen entsprechen, um sämtliche Aufgaben zu erfüllen, die ihnen übertragen werden können.
…
(23) Unter sehr begrenzten Bedingungen kann eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt sein, wenn ein Merkmal, das mit … dem Alter … zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen legitimen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt …
…
(25) Das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters stellt ein wesentliches Element zur Erreichung der Ziele der beschäftigungspolitischen Leitlinien und zur Förderung der Vielfalt im Bereich der Beschäftigung dar. Ungleichbehandlungen wegen des Alters können unter bestimmten Umständen jedoch gerechtfertigt sein und erfordern daher besondere Bestimmungen, die je nach der Situation der Mitgliedstaaten unterschiedlich sein können. Es ist daher unbedingt zu unterscheiden zwischen einer Ungleichbehandlung, die insbesondere durch rechtmäßige Ziele im Bereich der Beschäftigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung gerechtfertigt ist, und einer Diskriminierung, die zu verbieten ist.”
Rz. 4
Die Richtlinie 2000/78 hat gemäß ihrem Art. 1 zum Zweck, einen allgemeinen Rahmen zu schaffen, um eine Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklic...