Entscheidungsstichwort (Thema)

Schutz der finanziellen Interessen der Union. Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95. Art. 4 und 5. Verwaltungsrechtliche Sanktion. Verwaltungsrechtliche Maßnahme -Verordnung (EWG) Nr. 822/87. Beihilfen für die private Lagerung von konzentriertem Traubenmost. Ursprung in der Gemeinschaft. Verordnung (EWG) Nr. 1059/83. Langfristiger Lagervertrag. Art. 2 Abs. 2. Art. 17 Abs. 1 Buchst. b. Verminderung der Beihilfe nach Maßgabe der Schwere der Pflichtenverletzung

 

Beteiligte

FranceAgriMer

Établissement national des produits de l'agriculture et de la mer (FranceAgriMer)

Vinifrance SA

 

Tenor

1. In einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der die Inexistenz der Gesellschaft, die Traubenmost verkauft haben soll, zur Folge hat, dass dessen Ursprung in der Gemeinschaft nicht bewiesen werden kann, kann der Erzeuger, der den Traubenmost bei dieser Gesellschaft gekauft hat, keinesfalls eine Lagerbeihilfe gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates vom 16. März 1987 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2253/88 des Rates vom 19. Juli 1988 geänderten Fassung erhalten.

2. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens

  • kann Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1059/83 der Kommission vom 29. April 1983 über Lagerverträge für Tafelwein, Traubenmost, konzentrierten Traubenmost und rektifizierten konzentrierten Traubenmost in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2646/1999 der Kommission vom 15. Dezember 1999 geänderten Fassung keine Rechtsgrundlage für die Ahndung eines Verstoßes des Erzeugers gegen die in der Verordnung Nr. 822/87 in der durch die Verordnung Nr. 2253/88 geänderten Fassung vorgesehene Verpflichtung darstellen, nach der Traubenmost, um den Anspruch auf eine Lagerbeihilfe begründen zu können, seinen Ursprung in der Gemeinschaft haben muss,
  • können die in Rede stehenden Unregelmäßigkeiten mangels einer Bestimmung in der sektorbezogenen Regelung oder in der nationalen Regelung, die die Anwendung einer Sanktion vorsieht, nicht Gegenstand einer „Sanktion” im Sinne von Art. 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften sein und
  • sind die nationalen Behörden verpflichtet, eine verwaltungsrechtliche Maßnahme im Sinne von Art. 4 Abs. 1 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 2988/95 anzuwenden, die darin besteht, die Rückerstattung aller zu Unrecht erlangten Beihilfen zu verlangen, soweit erwiesen ist – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist –, dass jeder der beiden im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Lagerverträge teilweise oder vollständig Traubenmost betraf, bei dem nicht von einem Ursprung in der Gemeinschaft ausgegangen werden kann und der bei der Konzentration und der Lagerung mit Traubenmost mit Ursprung in der Gemeinschaft vermengt wurde.
 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d'État (Frankreich) mit Entscheidung vom 28. November 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Dezember 2011, in dem Verfahren

Établissement national des produits de l'agriculture et de la mer (FranceAgriMer)

gegen

Vinifrance SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, des Richters J.-C. Bonichot, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Oktober 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Établissement national des produits de l'agriculture et de la mer (FranceAgriMer), vertreten durch H. Didier und F. Pinet, avocats,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, S. Menez und C. Candat als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar und B. Majczyna als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Schima und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates vom 16. März 1987 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 84, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2253/88 des Rates vom 19. Juli 1988 (ABl. L 198, S. 35) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 822/87), der Verordnung (EWG) Nr. 1059/83 der Kommission vom 29. April 1983 über Lagerverträge für Tafelwein, Traubenmost, konzentrierten Traubenmost und rektifizierten konzentrierten Traubenmost (ABl. L 116, S. 77) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2646/1999 der Kommission vom 15. Dezember 1999 (ABl. L 324, S. 10) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1059/83) un...

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