Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 85/374/EWG. Haftung für fehlerhafte Produkte. Urteil des Gerichtshofes, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird. Nichtdurchführung. Artikel 228 EG. Finanzielle Sanktionen. Teilweise Durchführung des Urteils im Laufe des Verfahrens
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Französische Republik hat dadurch nicht alle Maßnahmen, die sich aus dem Urteil vom 25. April 2002 in der Rechtssache C-52/00, Kommission/Frankreich, in Bezug auf die Umsetzung von Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte ergeben, ergriffen und damit gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 228 EG verstoßen, dass sie, wenn der Hersteller nicht festgestellt werden kann, den Lieferanten des fehlerhaften Produktes weiterhin auch dann in gleicher Weise wie den Hersteller haften lässt, wenn er dem Geschädigten innerhalb angemessener Zeit die Person benennt, die ihm das Produkt geliefert hat.
2. Die Französische Republik wird verurteilt, der Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaft” ein Zwangsgeld in Höhe von 31 650 Euro pro Tag des Verzugs beim Ergreifen der Maßnahmen, die für die vollständige Durchführung des Urteils Kommission/Frankreich vom 25. April 2002 erforderlich sind, von der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Durchführung des genannten Urteils vom 25. April 2002 zu zahlen.
3. Die Französische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 228 EG, eingereicht am 14. April 2004,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Valero Jordana und B. Stromsky als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und R. Loosli als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas und K. Schiemann (Berichterstatter), des Richters R. Schintgen, der Richterin N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr, J. Klučka, U. Lõhmus und E. Levits,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2005,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. November 2005
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
- festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 228 Absatz 1 EG verstoßen hat, dass sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 25. April 2002 in der Rechtssache C-52/00 (Kommission/Frankreich, Slg. 2002, I-3827) in Bezug auf die nicht ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. L 210, S. 29; im Folgenden: Richtlinie oder Richtlinie 85/374) ergeben;
- die Französische Republik zu verurteilen, ihr auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaft” ein Zwangsgeld in Höhe von 137 150 Euro pro Tag des Verzugs bei der Durchführung des erwähnten Urteils Kommission/Frankreich von der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur Durchführung des erwähnten Urteils Kommission/Frankreich zu zahlen;
- der Französischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Das Gemeinschaftsrecht
2 Die auf der Grundlage von Artikel 100 EWG-Vertrag (später Artikel 100 EG-Vertrag, jetzt Artikel 94 EG) erlassene Richtlinie 85/374 bezweckt die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung des Herstellers für Schäden, die durch die Fehlerhaftigkeit seiner Produkte verursacht worden sind.
3 Nach Artikel 1 dieser Richtlinie haftet der „Hersteller eines Produkts … für den Schaden, der durch einen Fehler dieses Produkts verursacht worden ist”.
4 Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie bestimmt:
„Kann der Hersteller des Produkts nicht festgestellt werden, so wird jeder Lieferant als dessen Hersteller behandelt, es sei denn, dass er dem Geschädigten innerhalb angemessener Zeit den Hersteller oder diejenige Person benennt, die ihm das Produkt geliefert hat. Dies gilt auch für eingeführte Produkte, wenn sich bei diesen der Importeur im Sinne des Absatzes 2 nicht feststellen lässt, selbst wenn der Name des Herstellers angegeben ist.”
5 Artikel 7 der Richtlinie sieht vor, dass der Hersteller aufgrund dieser Richtlinie nicht haftet, wenn er beweist,
„…
d) dass der Fehler darauf zurückzuführen ist, dass das Produkt verbindlichen hoheitlich erlassenen Normen entspricht;
e)...