Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Unionsmarke. Begriff ‚Form’. Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Zweidimensionale Marke. Bildmarke, die auch ein Werk im Sinne des Urheberrechts darstellt
Normenkette
EGV Nr. 207/2009 Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii; Verordnung (EU) 2015/2424
Beteiligte
Tenor
1. Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die [Unionsmarke] in der durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er nicht für Marken gilt, die vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 207/2009 in der durch die Verordnung 2015/2424 geänderten Fassung eingetragen wurden.
2. Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Verordnung Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass ein aus dekorativen zweidimensionalen Mustern bestehendes Zeichen wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende, das auf Waren wie einem Stoffbezug oder einem Papier angebracht ist, nicht im Sinne dieser Bestimmung „ausschließlich aus der Form besteht”.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Svea hovrätt, Patent- och marknadsöverdomstolen (Berufungsgericht, Patent- und Marktgericht, Stockholm, Schweden) mit Entscheidung vom 14. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Januar 2018, in dem Verfahren
Textilis Ltd,
Ozgur Keskin
gegen
Svenskt Tenn AB
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter C. Lycourgos, E. Juhász (Berichterstatter), M. Ilešič und I. Jarukaitis,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Svenskt Tenn AB, vertreten durch B. Eliasson und M. Jerner, jur. kand.,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier, K. Simonsson, E. Ljung Rasmussen, J. Samnadda und G. Tolstoy als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. iii der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die [Unionsmarke] (ABl. 2009, L 78, S. 1) und dieser Bestimmung der Verordnung Nr. 207/2009 in der durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 (ABl. 2015, L 341, S. 21) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 207/2009 in geänderter Fassung).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Textilis Ltd und Herrn Ozgur Keskin auf der einen und der Svenskt Tenn AB auf der anderen Seite wegen der Vermarktung von Gegenständen für die Innenausstattung durch die Kläger des Ausgangsverfahrens, mit der die Marke verletzt worden sein soll, deren Inhaberin Svenskt Tenn ist.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung Nr. 207/2009
Rz. 3
Art. 4 „Markenformen”) der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt:
„[Union]smarken können alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.”
Rz. 4
Art. 7 „Absolute Eintragungshindernisse”) Abs. 1 Buchst. e dieser Verordnung sieht vor:
„Von der Eintragung ausgeschlossen sind
…
e) Zeichen, die ausschließlich bestehen
i) aus der Form, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist;
ii) aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist;
iii) aus der Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.”
Verordnung Nr. 207/2009 in geänderter Fassung
Rz. 5
Im zwölften Erwägungsgrund der Verordnung 2015/2424, mit der die Verordnung Nr. 207/2009 geändert wurde, heißt es:
„Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und der vollständigen Übereinstimmung mit dem Prioritätsgrundsatz, dem zufolge eine eingetragene ältere Marke Vorrang vor einer später eingetragenen Marke genießt, muss vorgesehen werden, dass die Durchsetzung von Rechten aus einer Unionsmarke die Rechte, die Inhaber vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Unionsmarke erworben haben, nicht beeinträchtigt. …”
Rz. 6
In Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 207/2009 in geänderter Fassung heißt es:
„Von der Eintragung ausgeschlossen sind
…
e) Zeichen, die ausschließlich bestehen aus
i) der Form oder einem anderen charakteristischen Merkmal, die bzw. das durch die Art der Ware selbst bedingt ist;
ii) der Form oder einem anderen charakteristischen Merkmal der Ware, die bzw. das zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist;
iii) der Form oder einem anderen charakteristischen Merkmal, die bzw. das der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.”
Rz. 7
Aus Art. 4 der Verordnu...