Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Verbraucherrechte. Geltungsbereich. Begriff ‚Verträge über den Bau von neuen Gebäuden’. Begriff ‚Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind’. Vertrag zwischen einem Architekten und einem Verbraucher über die Herstellung eines Plans für ein neues Einfamilienhaus
Normenkette
Richtlinie 2011/83/EU Art. 3 Abs. 3 Buchst. f., Art. 16 Buchst. c
Beteiligte
Tenor
1. Art. 3 Abs. 3 Buchst. f der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass ein zwischen einem Architekten und einem Verbraucher geschlossener Vertrag, nach dem Ersterer dem Letzteren nur die Planung eines neu zu errichtenden Einfamilienhauses und in diesem Zusammenhang die Herstellung von Plänen schuldet, keinen Vertrag über den Bau eines neuen Gebäudes im Sinne dieser Bestimmung darstellt.
2. Art. 2 Nrn. 3 und 4 sowie Art. 16 Buchst. c der Richtlinie 2011/83 sind dahin auszulegen, dass ein zwischen einem Architekten und einem Verbraucher geschlossener Vertrag, nach dem Ersterer dem Letzteren die Planung eines neu zu errichtenden Einfamilienhauses nach dessen Vorgaben und Wünschen schuldet und in diesem Zusammenhang Pläne zu erstellen hat, keinen Vertrag über die Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, im Sinne der letztgenannten Bestimmung darstellt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz (Österreich) mit Entscheidung vom 5. Februar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 4. März 2019, in dem Verfahren
NK
gegen
MS,
AS
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan sowie der Richter L. Bay Larsen und N. Jääskinen (Berichterstatter),
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von NK, vertreten durch Rechtsanwalt F. Schubert,
- der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und C. Valero als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nrn. 3 und 4, Art. 3 Abs. 3 Buchst. f und Art. 16 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen NK auf der einen sowie MS und AS auf der anderen Seite über die Zahlung eines Entgelts durch MS und AS für ihnen von NK erbrachte Architektenleistungen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 3, 4, 7, 21 und 26 der Richtlinie 2011/83 lauten:
„(3) Artikel 169 Absatz 1 und Artikel 169 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sehen vor, dass die Union durch Maßnahmen, die sie nach Artikel 114 erlässt, einen Beitrag zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus leistet.
(4) … Die Harmonisierung bestimmter Aspekte von im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucherverträgen ist unabdingbar, wenn ein echter Binnenmarkt für Verbraucher gefördert werden soll, in dem ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei gleichzeitiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gewährleistet ist.
…
(7) Die vollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Aspekte der einschlägigen Regelungen sollte die Rechtssicherheit für Verbraucher wie Unternehmer erheblich erhöhen. … Darüber hinaus sollten die Verbraucher in den Genuss eines hohen, einheitlichen Verbraucherschutzniveaus in der gesamten Union kommen.
…
(21) Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag sollte definiert werden als ein Vertrag, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort, der nicht zu den Geschäftsräumen des Unternehmers gehört, geschlossen wird, also beispielsweise in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Verbrauchers. Außerhalb von Ge...