Entscheidungsstichwort (Thema)
Markenrecht. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 89/104/EWG. Keine ernsthafte Benutzung der Marke. Begriff ‚Tag des Abschlusses des Eintragungsverfahrens’
Beteiligte
Tenor
1. Der „Tag des Abschlusses des Eintragungsverfahrens” im Sinne von Art. 10 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist in jedem Mitgliedstaat entsprechend den dort geltenden Verfahrensvorschriften für die Eintragung zu bestimmen.
2. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 ist dahin auszulegen, dass Hindernisse, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Marke aufweisen, ihre Benutzung unmöglich oder unzumutbar machen und vom Willen des Markeninhabers unabhängig sind, „berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung” einer Marke darstellen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens im Licht dieser Hinweise zu beurteilen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Obersten Patent- und Markensenat (Österreich) mit Entscheidung vom 9. Februar 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Juni 2005, in dem Verfahren
Armin Häupl
gegen
Lidl Stiftung & Co. KG
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer A. Rosas sowie der Richter A. Tizzano, A. Borg Barthet (Berichterstatter), U. Lõhmus und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Patentanwalt A. Häupl im Beistand von Patentanwalt W. Ellmeyer,
- der Lidl Stiftung & Co. KG, vertreten durch Patentanwalt H. Sonn,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, J.-Ch. Niollet und A.-L. During als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Braun, N. B. Rasmussen und W. Wils als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Oktober 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 10 Abs. 1 und 12 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, im Folgenden: Richtlinie).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Häupl und der Lidl Stiftung & Co. KG (im Folgenden: Lidl) wegen der Löschung einer Marke, deren Inhaberin Lidl ist.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:
„Hat der Inhaber der Marke diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren nach dem Tag des Abschlusses des Eintragungsverfahrens nicht ernsthaft in dem betreffenden Mitgliedstaat benutzt oder wurde eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die Marke den in dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.”
4 In Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie heißt es:
„Eine Marke wird für verfallen erklärt, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen …”
Internationales Recht
5 Art. 3 Abs. 4 des Madrider Abkommens über die internationale Registrierung von Marken vom 14. April 1891, zuletzt revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 und geändert am 28. September 1979 (im Folgenden: Madrider Abkommen) bestimmt:
„Das Internationale Büro [der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), im Folgenden: Internationales Büro] trägt die gemäß Artikel 1 hinterlegten Marken sogleich in ein Register ein. Die Registrierung erhält das Datum des Gesuchs um internationale Registrierung im Ursprungsland, sofern das Gesuch beim Internationalen Büro innerhalb von zwei Monaten nach diesem Zeitpunkt eingegangen ist …”
6 Das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums im Anhang 1 C des Übereinkommens von Marrakesch vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation wurde durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1, im Folgenden: TRIPs-Übereinkommen) von der Europäischen Gemeinschaft genehmigt. Es erwähnt in Art. 19 Abs. 1 das Erfordernis der Benutzung der eingetragenen Marke mit folgenden Worten:
„Wenn die Benutzung für die Aufrechterhaltun...