Entscheidungsstichwort (Thema)
Milch und Milcherzeugnisse. Direktverkauf. Referenzmenge. Überschreitung. Zusatzabgabe auf Milch. Verpflichtung des Erzeugers, eine Bestandsbuchhaltung zu führen. Artikel 7 Absätze 1 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93. Zusätzliche nationale Maßnahmen. Zuständigkeit der Mitgliedstaaten
Beteiligte
Tenor
1. Artikel 7 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmung den Mitgliedstaaten einen Spielraum belässt, um im Rahmen des Erforderlichen eine Regelung zu erlassen, die den in ihrem Gebiet ansässigen Milcherzeugern zusätzliche Buchführungspflichten auferlegt, die über die sich aus Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f dieser Verordnung ergebenden Pflichten hinausgehen. Bei der Wahrnehmung dieser Befugnis müssen die Mitgliedstaaten die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachten.
2. Das Gemeinschaftsrecht steht einer Regelung nicht entgegen, die die Milcherzeuger verpflichtet, die hergestellten Buttermengen und deren Verwendung in ein Verzeichnis aufzunehmen, auch wenn die Butter vernichtet oder verfüttert worden ist, falls sich in dem betreffenden Mitgliedstaat eine wirksame Kontrolle der Richtigkeit der von den Erzeugern gemachten Angaben über die Direktverkäufe allein auf der Grundlage der Gemeinschaftsvorschriften als schwierig erweist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Niederlande) mit Entscheidung vom 26. November 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Dezember 2004, in dem Verfahren
J. Slob
gegen
Productschap Zuivel
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin) sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, M. IlešiČ und E. Levits,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: L. Hewlett,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Slob, vertreten durch G. van der Wal und H. S. J. Albers, advocaten,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und C. A. H. M. ten Dam als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch T. van Rijn als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 22. Juni 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Artikels 7 Absätze 1 Satz 1 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. L 57, S. 12).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Slob, einem Milcherzeuger, und dem Productschap Zuivel (im Folgenden: Productschap) wegen der Zusatzabgabe, zu der der Betroffene herangezogen wurde.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Die Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. L 405, S. 1) hat die Zusatzabgabe für Milch, die mit der Verordnung (EWG) Nr. 856/84 des Rates vom 31. März 1984 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 10) eingeführt wurde, für weitere sieben Zwölfmonatszeiträume ab dem 1. April 1993 verlängert.
4 Nach der sechsten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 3950/92 haben bei Überschreiten der Garantiemengen der jeweiligen Mitgliedstaaten „die betreffenden Erzeuger, die zu dieser Überschreitung beigetragen haben, die Abgabe zu entrichten”.
5 Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3950/92 sieht vor:
„Die Abgabe wird auf alle Milch- oder Milchäquivalenzmengen erhoben, die in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum vermarktet werden und die eine der beiden in Artikel 3 genannten Mengen überschreiten. Sie wird auf die Erzeuger verteilt, die zur Mengenüberschreitung beigetragen haben.
…”
6 Nach Artikel 9 Buchstaben c und h dieser Verordnung bedeutet
„c) ‚Erzeuger’: der Betriebsinhaber – eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen –, der einen Betrieb im geografischen Gebiet der Gemeinschaft bewirtschaftet und der
- Milch oder Milcherzeugnisse direkt an den Verbraucher verkauft bzw.
- an den Abnehmer liefert;
…
h) ‚Direktverkauf von Milch oder Milchäquivalent’: unentgeltliche Überlassung oder Verkauf von Milch oder in Milchäquivalent umgerechneten Milcherzeugnissen an den Verbraucher ohne Einschaltung eines behandelnden oder verarbeitenden Unternehmens”.
7 Nach der zweiten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 536/93 betreffen deren Bestimmungen u. a. „die Kontrollregeln, mit deren Hilfe festgestellt werden kann, ob die Abgabe ordnungsgemäß erhoben worden ist”.
8 Die achte Begründungserwägung dieser Verordnung lautet:
„Schließlich mü...