Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Zugang zu Dokumenten der Organe. Ausnahme, die sich auf den Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten bezieht. Umweltinformationen. Dokumente eines Vertragsverletzungsverfahrens im Stadium des Vorverfahrens. Verweigerung des Zugangs. Pflicht zur Vornahme einer konkreten und individuellen Prüfung des Inhalts der im Zugangsantrag angeführten Dokumente. Überwiegendes öffentliches Interesse

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 Art. 4 Abs. 2; Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 Art. 6 Abs. 1

 

Beteiligte

LPN / Kommission

Republik Finnland

Europäische Kommission

Liga para a Protecção da Natureza (LPN)

 

Tenor

1. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

2. Die Liga para a Protecção da Natureza (LPN) und die Republik Finnland tragen die Kosten zu gleichen Teilen.

3. Das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland sowie das Königreich Schweden tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. November 2011,

Liga para a Protecção da Natureza (LPN) mit Sitz in Lissabon (Portugal), vertreten durch P. Vinagre e Silva und L. Rossi, advogadas,

Republik Finnland, vertreten durch J. Heliskoski, M. Pere und J. Leppo als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerinnen,

unterstützt durch:

Republik Estland, vertreten durch M. Linntam als Bevollmächtigte,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch P. Costa de Oliveira und D. Recchia als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

unterstützt durch:

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch T. Henze und A. Wiedmann als Bevollmächtigte,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

Königreich Dänemark, vertreten durch V. Pasternak Jørgensen und C. Thorning als Bevollmächtigte,

Königreich Schweden, vertreten durch A. Falk und C. Meyer-Seitz als Bevollmächtigte,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz (Berichterstatter) sowie der Richter A. Rosas, E. Juhász, D. šváby und C. Vajda,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2013,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. September 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihren Rechtsmitteln beantragen die Liga para a Protecção da Natureza (im Folgenden: LPN) (C-514/11 P) und die Republik Finnland (C-605/11 P) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 9. September 2011, LPN/Kommission (T-29/08, Slg. 2011, II-6021, im Folgenden: angefochtenes Urteil), soweit das Gericht mit diesem Urteil die Klage von LPN auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 22. November 2007 (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat, in der diese die Weigerung bestätigte, Zugang zu Dokumenten der Akte eines gegen die Portugiesische Republik eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) legt die Grundsätze, die Bedingungen und die Einschränkungen des Rechts auf Zugang zu den Dokumenten dieser Organe nach Art. 255 EG fest.

Rz. 3

Art. 4 („Ausnahmeregelung”) der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt:

„(1) Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

a) der Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf:

  • die öffentliche Sicherheit,
  • die Verteidigung und militärische Belange,
  • die internationalen Beziehungen,
  • die Finanz-, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft oder eines Mitgliedstaats;

b) der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten.

(2) Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

  • der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums,
  • der Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung,
  • der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten,

es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

(3) Der Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, wird verweigert, wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbre...

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