Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersuchen um Vorabentscheidung: Sozialgericht Speyer – Deutschland. Sozialpolitik. Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit. Persönlicher Anwendungsbereich der Richtlinie 79/7. Erwerbsbevölkerung im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie. Personen, die geringfügige Beschäftigungen ausüben, die durch eine begrenzte Zahl von Arbeitsstunden und ein geringes Einkommen gekennzeichnet sind. Einbeziehung. Richtlinie 79/7. Nationale Rechtsvorschriften, die die geringfügigen und die kurzzeitigen Beschäftigungen von der obligatorischen Rentenversicherung, der Krankenversicherung und der Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung ausschließen. Regelung, die hauptsächlich Frauen betrifft. Objektive Rechtfertigung. Zulässigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Personen, die Beschäftigungen ausüben, die als geringfügig angesehen werden, weil sie regelmässig weniger als fünfzehn Stunden in der Woche ausgeuebt werden und das Arbeitsentgelt ein Siebtel des durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelts nicht übersteigt, sowie Personen, die kurzzeitige Beschäftigungen ausüben, die dadurch gekennzeichnet sind, daß sie der Natur der Sache nach auf weniger als achtzehn Stunden in der Woche beschränkt zu sein pflegen oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt sind, gehören zur Erwerbsbevölkerung im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 79/7 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit und fallen somit in den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie.
Wegen des Umstands, daß eine Person durch ihre Berufstätigkeit nur geringfügige Einkünfte erzielt, die zur Deckung ihres Lebensunterhalts nicht ausreichen, kann ihr nämlich nach Gemeinschaftsrecht weder die Arbeitnehmereigenschaft abgesprochen werden, noch kann sie von der Erwerbsbevölkerung ausgeschlossen werden.
2. Eine nationale Regelung, die Beschäftigungen mit weniger als fünfzehn Stunden in der Woche und einem Arbeitsentgelt, das regelmässig ein Siebtel der monatlichen Bezugsgrösse nicht übersteigt, von der Versicherungspflicht in den Systemen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung ausnimmt, sowie eine nationale Regelung, die Beschäftigungen, die der Natur der Sache nach auf regelmässig weniger als achtzehn Stunden in der Woche beschränkt zu sein pflegen oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt sind, von der Beitragspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung ausnimmt, stellen keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit dar, selbst wenn sie erheblich mehr Frauen als Männer betreffen, wenn der nationale Gesetzgeber in vertretbarer Weise davon ausgehen konnte, daß die fraglichen Rechtsvorschriften erforderlich waren, um ein sozialpolitisches Ziel zu erreichen, das mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nichts zu tun hat.
Dies ist der Fall, wenn der Ausschluß dieser Beschäftigungen von der Pflichtversicherung einem Strukturprinzip eines auf Beiträgen beruhenden Systems der sozialen Sicherheit entspricht, das einzige Mittel ist, um einer sozialen Nachfrage nach derartigen Beschäftigungen zu entsprechen, und bezweckt, die Vermehrung illegaler Beschäftigungsformen und die Zunahme von Manövern zur Umgehung der Sozialvorschriften zu vermeiden.
Normenkette
Richtlinie 79/7 des Rates Art. 2, 4 Abs. 1; AFG § 169a Abs. 1; SGB IV § 8 Abs. 1 Nr. 1 Fassung 1982-11; SGB V § 7 Fassung 1988-12-20; SGB VI § 5 Abs. 2 Fassung 1989-12-18
Beteiligte
Innungskrankenkasse Vorderpfalz, nunmehr Innungskrankenkasse Rheinhessen-Pfalz |
Tenor
Eine nationale Regelung, die Beschäftigungen mit weniger als fünfzehn Stunden in der Woche und einem Arbeitsentgelt, das regelmässig ein Siebtel der monatlichen Bezugsgrösse nicht übersteigt, von der Versicherungspflicht in den Systemen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung ausnimmt, sowie eine nationale Regelung, die Beschäftigungen, die der Natur der Sache nach auf regelmässig weniger als achtzehn Stunden in der Woche beschränkt zu sein pflegen oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt sind, von der Beitragspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung ausnimmt, stellen keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit dar, selbst wenn sie erheblich mehr Frauen als Männer betreffen, da der nationale Gesetzgeber in vertretbarer Weise davon ausgehen konnte, daß die fraglichen Rechtsvorschriften erforderlich waren, um ein sozialpolitisches Ziel zu erreichen, das mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nichts zu tun hat.
Gründe
1 Da...