Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftsmarke. Artikel 98 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94. Handlungen, die eine Gemeinschaftsmarke verletzen oder zu verletzen drohen. Pflicht eines Gemeinschaftsmarkengerichts, einem Dritten die Fortsetzung solcher Handlungen zu verbieten. Begriff der ‚besonderen Gründe’. , kein derartiges Verbot zu erlassen. Pflicht eines Gemeinschaftsmarkengerichts, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass dieses Verbot befolgt wird. Nationale Rechtsvorschriften, nach denen ein strafbewehrtes generelles Verbot der Handlungen besteht, die eine Marke verletzen oder zu verletzen drohen
Beteiligte
Tenor
1. Artikel 98 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke ist dahin auszulegen, dass der Umstand allein, dass keine offensichtliche oder nur eine wie auch immer begrenzte Gefahr der Fortsetzung der Handlungen, die eine Gemeinschaftsmarke verletzen oder zu verletzen drohen, besteht, keinen besonderen Grund für ein Gemeinschaftsmarkengericht darstellt, dem Beklagten die Fortsetzung dieser Handlungen nicht zu verbieten.
2. Artikel 98 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass das nationale Recht ein generelles Verbot der Verletzung von Gemeinschaftsmarken enthält und die Möglichkeit vorsieht, die Fortsetzung der Handlungen, die solche Marken verletzen oder zu verletzen drohen, unabhängig davon, ob diese Handlungen vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen werden, strafrechtlich zu ahnden, keinen besonderen Grund für ein Gemeinschaftsmarkengericht darstellt, dem Beklagten die Fortsetzung dieser Handlungen nicht zu verbieten.
3. Artikel 98 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 ist dahin auszulegen, dass ein Gemeinschaftsmarkengericht, das dem Beklagten die Fortsetzung der Handlungen verboten hat, die eine Gemeinschaftsmarke verletzen oder zu verletzen drohen, verpflichtet ist, nach Maßgabe seines innerstaatlichen Rechts die Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Befolgung dieses Verbots sicherzustellen, selbst wenn das innerstaatliche Recht ein generelles Verbot der Verletzung von Gemeinschaftsmarken enthält und die Möglichkeit vorsieht, die Fortsetzung der Handlungen, die solche Marken verletzen oder zu verletzen drohen, unabhängig davon, ob diese Handlungen vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen werden, strafrechtlich zu ahnden.
4. Artikel 98 Absatz 1 der Verordnung ist dahin auszulegen, dass ein Gemeinschaftsmarkengericht, das dem Beklagten die Fortsetzung der Handlungen verboten hat, die eine Gemeinschaftsmarke verletzen oder zu verletzen drohen, verpflichtet ist, unter den im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen diejenigen zu treffen, die erforderlich sind, um die Befolgung dieses Verbots sicherzustellen, selbst wenn die betreffenden Maßnahmen nach innerstaatlichem Recht bei einer entsprechenden Verletzung einer nationalen Marke nicht getroffen werden könnten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Högsta domstol (Schweden) mit Entscheidung vom 9. August 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 16. August 2005, in dem Verfahren
Nokia Corp.
gegen
Joacim Wärdell
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter K. Lenaerts, E. Juhász, K. Schiemann und M. Ilešič (Berichterstatter),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Nokia Corp., vertreten durch H. Wistam, advokat,
- von Herrn Wärdell, vertreten durch B. Stanghed, advokat,
- der Französischen Republik, vertreten durch G. de Bergues und J.-C. Niollet als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Wils und K. Simonsson als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 13. Juli 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 98 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1, im Folgenden: Verordnung Nr. 40/94 oder Verordnung).
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
2 Artikel 9 der Verordnung – Recht aus der Gemeinschaftsmarke – bestimmt:
„(1) Die Gemeinschaftsmarke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
a) ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;
…
(2) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden:
a) das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen;
…
c) Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen;
…”
3 In Artikel 14 der Verordnung – Ergänzende Anwendung des einzelstaatlichen Rechts bei Verletz...