Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Verordnung (EG) Nr. 258/97. Art. 1 Abs. 1 bis 3. Neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten
Beteiligte
Tenor
1. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Lebensmittel die Voraussetzung hinsichtlich der Verwendung in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr in der Europäischen Gemeinschaft im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten erfüllt, ist es ohne Bedeutung, dass das Lebensmittel vor Inkrafttreten dieser Verordnung nach San Marino eingeführt wurde.
2. Der Umstand, dass alle Zutaten eines Lebensmittels für sich genommen die Voraussetzung des Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 258/97 erfüllen oder unbedenklich sind, reicht nicht dafür aus, die Anwendung dieser Verordnung auf das erzeugte Lebensmittel auszuschließen. Die Entscheidung, ob dieses als neuartiges Lebensmittel im Sinne der Verordnung Nr. 258/97 einzustufen ist, ist von der zuständigen nationalen Behörde für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung aller Merkmale des Lebensmittels und des Herstellungsverfahrens zu treffen.
3. Der Umstand, dass alle Algen, die im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 258/97 in einem Lebensmittel enthalten sind, im Sinne des Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung die Voraussetzung der Verwendung in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr in der Gemeinschaft erfüllen, reicht nicht dafür aus, die Anwendung der Verordnung auf das betreffende Lebensmittel auszuschließen.
4. Ausschließlich außerhalb Europas erworbene Erfahrungen hinsichtlich der Unbedenklichkeit eines Lebensmittels reichen nicht für die Feststellung aus, dass dieses unter die Gruppe der Lebensmittel fällt, die im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung Nr. 258/97 „erfahrungsgemäß als unbedenkliche Lebensmittel gelten können”.
5. Dem Unternehmer obliegt es nicht, das Verfahren des Art. 13 der Verordnung Nr. 258/97 zu betreiben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 3. August 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 10. August 2007, in dem Verfahren
M-K Europa GmbH & Co. KG
gegen
Stadt Regensburg,
Beteiligte:
Landesanwaltschaft Bayern,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter J.-C. Bonichot, K. Schiemann, J. Makarczyk (Berichterstatter) und L. Bay Larsen,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der M-K Europa GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt A. Meisterernst,
- der Stadt Regensburg, vertreten durch R. Seidl als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kontolaimos und S. Charitaki als Bevollmächtigte,
- der zyprischen Regierung, vertreten durch D. Lysandrou als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertreten durch T. Nowakowski als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J.-P. Keppenne, B. Eggers und L. Pignataro als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (ABl. L 43, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der M-K Europa GmbH & Co. KG (im Folgenden: M-K Europa) und der Stadt Regensburg über deren Bescheid, mit dem das Inverkehrbringen eines aus Japan stammenden Lebensmittels mit dem Namen „Man-Koso 3000” (im Folgenden: Man-Koso) untersagt wurde.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 258/97 heißt es:
„Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ist dafür Sorge zu tragen, dass neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten einer einheitlichen Sicherheitsprüfung in einem Gemeinschaftsverfahren unterliegen, bevor sie in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht werden. …”
Rz. 4
Art. 1 der Verordnung Nr. 258/97 bestimmt:
„(1) In dieser Verordnung ist das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel und neuartiger Lebensmittelzutaten in der Gemeinschaft geregelt.
(2) Diese Verordnung findet Anwendung auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten in der Gemeinschaft, die in dieser bisher noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und die unter nachstehende Gruppen von Erzeugnissen fallen:
…
d) Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die aus Mikroo...