Entscheidungsstichwort (Thema)
Wandererwerbstätige. Soziale Sicherheit. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit. Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz ausgeübt hat. Rückkehr in sein Herkunftsland
Beteiligte
Tenor
1. Art. 8 Buchst. c des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, unterzeichnet in Luxemburg am 21. Juni 1999, und Art. 72 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1386/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, wenn die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats die Gewährung einer Familienleistung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen von der Zurücklegung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbständigen Tätigkeit abhängig machen, für die Gewährung dieser Familienleistung solche Zeiten berücksichtigen muss, die vollständig im Hoheitsgebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft zurückgelegt wurden.
2. Art. 8 Buchst. a des Abkommens sowie Art. 3 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 und 2, Art. 72 und Anhang VI Abschnitt N Nr. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 sind dahin auszulegen, dass die Höhe einer Familienleistung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, falls sie nach den Bestimmungen für die Leistungen bei Krankheit zu berechnen ist, für eine Person, die die für den Erwerb dieses Anspruchs erforderlichen Zeiten einer Erwerbstätigkeit zur Gänze im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zurückgelegt hat, unter Berücksichtigung des Einkommens einer Person zu berechnen ist, die über eine Erfahrung und Qualifikation verfügt und im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem diese Leistung beantragt wird, eine Tätigkeit ausübt, die mit denen der erstgenannten Person vergleichbar sind.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta förvaltningsdomstol (ehemals Regeringsrätt) (Schweden) mit Entscheidung vom 27. April 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Mai 2010, in dem Verfahren
Försäkringskassan
gegen
Elisabeth Bergström
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), G. Arestis, T. von Danwitz und D. Šváby,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Elisabeth Bergström, vertreten durch U. Öberg und I. Otken Eriksson, advokater,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch K. Petkovska und A. Falk als Bevollmächtigte,
- der finnischen Regierung, vertreten durch H. Leppo als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch E. Jenkinson und L. Seeboruth als Bevollmächtigte sowie durch R. Palmer, Barrister,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und J. Enegren als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Juni 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 72 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149, S. 2), in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1386/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 (ABl. L 187, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) und des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, unterzeichnet in Luxemburg am 21. Juni 1999 (ABl. 2002, L 114, S. 6, im Folgenden: Abkommen).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Bergström, einer schwedischen Staatsangehörigen, und der Försäkringskassa (im Folgenden: nationaler Sozialversicherungsträger), wegen der Weigerung der Letzteren, für die Berechnung der Höhe des Elterngelds nach der Rückkehr der Klägerin nach Schweden die Beschäftigungszeit zu berücksichtigen, die diese in der Schweiz zurückgelegt hatte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In der Präambel des Abkommens heißt es:
„[Die Vertragsparteien],
in der Überzeugung, dass die Freizügigkeit der Personen im Hoheitsgebiet der andere...