Entscheidungsstichwort (Thema)
Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Beamte und sonstige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften. Elterngeld. Berücksichtigung der im Gemeinsamen Krankenfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften zurückgelegten Versicherungszeit
Beteiligte
Försäkringskassan, länskontoret Stockholm, früher Stockholms läns allmänna försäkringskassa |
Tenor
Artikel 39 EG ist dahin auszulegen, dass bei der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Zeit berücksichtigt werden muss, während deren ein Arbeitnehmer dem Gemeinsamen Krankenfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften angeschlossen war.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Länsrätt i Stockholms län (Schweden) mit Entscheidung vom 20. April 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 22. April 2004, in dem Verfahren
Ulf Öberg
gegen
Försäkringskassan, länskontoret Stockholm, früher Stockholms läns allmänna försäkringskassa,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, des Richters R. Schintgen, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter G. Arestis und J. Klučka,
Generalanwalt: A. Tizzano,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Öberg selbst und seines Bevollmächtigten J. Hettne,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse als Bevollmächtigten,
- der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin und K. Simonsson als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 12 EG, 17 Absatz 2 EG, 18 EG und 39 EG, des Artikels 7 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) sowie der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub (ABl. L 145, S. 4).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Öberg und der Sozialversicherungsanstalt Stockholm (Försäkringskassan, länskontoret Stockholm, früher Stockholms läns allmänna försäkringskassa) wegen Berücksichtigung der Beschäftigungszeit, während deren Herr Öberg dem Gemeinsamen Krankenfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften angeschlossen war, für die Berechnung der Höhe des Elterngelds.
Rechtlicher Rahmen
3 Kapitel 4 des schwedischen Sozialversicherungsgesetzes (lag [1962:381] om allmän försäkring, im Folgenden: AFL) enthält Bestimmungen über das Elterngeld.
4 Nach Kapitel 4 § 3 AFL wird den Eltern anlässlich der Geburt eines Kindes für höchstens 450 Tage und höchstens bis zur Vollendung des achten Lebensjahrs des Kindes oder bis zum Abschluss des ersten Schuljahrs, wenn dies der spätere Zeitpunkt ist, Elterngeld gezahlt.
5 Gemäß Kapitel 4 § 6 AFL beläuft sich das Elterngeld auf mindestens 60 SEK pro Tag (im Folgenden: Garantieniveau). Weiter ist vorgesehen, dass das Elterngeld für die ersten 180 Tage dem Betrag des Krankengelds entspricht, wenn der Elternteil vor der Geburt des Kindes oder dem errechneten Geburtstermin mindestens 240 Tage in Folge oberhalb des Garantieniveaus krankenversichert war.
6 Nach Kapitel 3 § 2 AFL wird das Krankengeld nach Maßgabe des Jahreseinkommens berechnet, das der Versicherte aus eigener Arbeit in Schweden erzielen kann, wenn sich die Verhältnisse nicht ändern.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
7 Nachdem Herr Öberg, ein schwedischer Staatsangehöriger, von 1995 bis 2000 beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften tätig gewesen war, kehrte er nach Schweden zurück. Er ist Vater eines am 22. September 1999 geborenen Kindes.
8 Mit Entscheidungen vom 28. August und 16. November 2001 lehnte die Sozialversicherungskasse Stockholm gegenüber Herrn Öberg die Zahlung von Elterngeld in Höhe des Krankengelds für die ersten 180 Tage seines Elternurlaubs ab, weil er vor der Geburt seines Kindes beim Gerichtshof beschäftigt gewesen und deshalb nicht vor der Geburt oder dem errechneten Geburtstermin mindestens 240 Tage in Folge oberhalb des Garantieniveaus in Schweden krankenversichert gewesen sei.
9 Herr Öberg erhob gegen diese Entscheidungen Klage beim Länsrätt i Stockholms län, das beschlossen hat, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
- Ist ein im nationalen Recht vorgesehenes Erfordernis, wonach ein Elternteil im fraglichen Mitgliedstaat mindestens 240 Tage vor der Geburt des Kindes gewohnt haben und krankenversichert gewesen sein muss, um einen Anspruch auf Gewährung von...