Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 86/653/EWG. Selbständige Handelsvertreter. Begriff des Handelsvertreters. Abschluss und Verlängerung eines einzigen Vertrages während mehrerer Jahre

 

Beteiligte

Poseidon Chartering

Poseidon Chartering BV

Marianne Zeeschip VOF

Albert Mooij

Sjoerdtje Sijswerda

Gerrit Schram

 

Tenor

Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter ist dahin auszulegen, dass, wenn ein selbständiger Gewerbetreibender mit dem Abschluss eines einzigen Vertrages betraut wurde, der danach während mehrerer Jahre verlängert worden ist, die in dieser Bestimmung aufgestellte Voraussetzung der Dauerhaftigkeit verlangt, dass der Gewerbetreibende vom Unternehmer damit betraut worden ist, die aufeinander folgenden Verlängerungen dieses Vertrages zu vermitteln.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Rechtbank Utrecht (Niederlande) mit Entscheidung vom 10. Dezember 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Januar 2004, in dem Verfahren

Poseidon Chartering BV

gegen

Marianne Zeeschip VOF,

Albert Mooij,

Sjoerdtje Sijswerda,

Gerrit Schram

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter K. Schiemann, K. Lenaerts, E. Juhász und M. Ilešič,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Poseidon Chartering BV, vertreten durch H. Boonk, advocaat,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Støvlbæk und W. Wils als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. April 2005

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 1 Absatz 2, 7 Absatz 1 und 17 der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl. L 382, S. 17, im Folgenden: Richtlinie).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer Klage der Poseidon Chartering BV (im Folgenden: Poseidon) gegen die Marianne Zeeschip VOF sowie Herrn Mooij, Herrn Schram und Frau Sijswerda (im Folgenden zusammen: Zeeschip) auf Zahlung von Schadensersatz, entgangenen Provisionen und eines Ausgleichs wegen Kündigung eines Vertrages.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

3 Nach Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie ist „Handelsvertreter …, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für eine andere Person (im Folgenden Unternehmer genannt) den Verkauf oder den Ankauf von Waren zu vermitteln oder diese Geschäfte im Namen und für Rechnung des Unternehmers abzuschließen”.

4 Hinsichtlich der Vergütung bestimmt Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie:

„Für ein während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenes Geschäft hat der Handelsvertreter Anspruch auf die Provision,

  1. wenn der Geschäftsabschluss auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist oder
  2. wenn das Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen wurde, den er bereits vorher für Geschäfte gleicher Art als Kunden geworben hatte.”

5 Was die finanziellen Folgen der Beendigung des Vertragsverhältnisses für den Handelsvertreter angeht, so sieht Artikel 17 der Richtlinie vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen dafür, dass der Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Anspruch auf Ausgleich nach Absatz 2 oder Schadensersatz nach Absatz 3 hat.

(2)

  1. Der Handelsvertreter hat Anspruch auf einen Ausgleich, wenn und soweit

    • er für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat und der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden noch erhebliche Vorteile zieht und
    • die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass zu diesen Umständen auch die Anwendung oder Nichtanwendung einer Wettbewerbsabrede im Sinne des Artikels 20 gehört.
  2. Der Ausgleich darf einen Betrag nicht überschreiten, der einem jährlichen Ausgleich entspricht, der aus dem Jahresdurchschnittsbetrag der Vergütungen, die der Handelsvertreter während der letzten fünf Jahre erhalten hat, errechnet wird; ist der Vertrag vor weniger als fünf Jahren geschlossen worden, wird der Ausgleich nach dem Durchschnittsbetrag des entsprechenden Zeitraums ermittelt.
  3. Die Gewährung dieses Ausgleichs schließt nicht das Recht des Handelsvertreters aus, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

…”

Nationale Regelung

6 Die Richtlinie ist mit den Artikeln 428 bis 445 des Burgerlijk Wetboek (Bürgerliches Gesetzbuch) in das niederländische Recht umgesetzt worden. Diese Artikel entsprechen im Wesentlichen den Bestimmungen der Richtlinie, auße...

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