Entscheidungsstichwort (Thema)
Handelspolitik. Dumping. Rechtsmittel. Durchführungsverordnung (EU) 2016/2146 zum Widerruf der mit dem Durchführungsbeschluss 2013/707/EU bestätigten Annahme des Verpflichtungsangebots im Hinblick auf zwei ausführende Hersteller. Zulässigkeit der Klage. Kriterium der unmittelbaren Betroffenheit. Einrede der Rechtswidrigkeit. Zulässigkeit. Rechtsschutzinteresse gegenüber den Rechtsakten, die dem angefochtenen Rechtsakt als Rechtsgrundlage gedient haben. Folgen des Widerrufs der Annahme eines Verpflichtungsangebots durch die Europäische Kommission. Verlust der Zollbefreiung. Nichtigerklärung der Verpflichtungsrechnungen. Entstehung des Zollanspruchs in Bezug auf alle betroffenen Transaktionen. Keine Rückwirkung
Normenkette
AEUV Art. 263 Abs. 4, Art. 277; VO (EU) 2016/1036 Art. 8 Abs. 9; VO (EU) 2016/1037 Art. 13 Abs. 9; Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1238/2013 Art. 3; Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1239/2013 Art. 2; Durchführungsverordnung (EU) 2016/2146
Beteiligte
Kommission/ Jiangsu Seraphim Solar System |
Tenor
1.Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Juli 2020, Jiangsu Seraphim Solar System/Kommission (T-110/17, EU:T:2020:315), wird aufgehoben.
2.Die Nichtigkeitsklage, die von der Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltd beim Gericht der Europäischen Union erhoben worden ist, wird abgewiesen.
3.Die Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltd trägt die Kosten, die der Europäischen Kommission und dem Rat der Europäischen Union im ersten Rechtszug und im Rahmen der Rechtsmittelverfahren entstanden sind.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen C-439/20 P und C-441/20 P
betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. und 21. September 2020,
Europäische Kommission, vertreten durch G. Luengo und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,
Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C-439/20 P,
andere Parteien des Verfahrens:
Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltdmit Sitz in Changzhou (China), zunächst vertreten durch P. Heeren, Advocaat, Y. Melin und B. Vigneron, Avocats, dann durch P. Heeren, Advocaat, und Y. Melin, Avocat,
Klägerin im ersten Rechtszug,
Rat der Europäischen Union, vertreten durch H. Marcos Fraile als Bevollmächtigte im Beistand von N. Tuominen, Avocată,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
und
Rat der Europäischen Union, vertreten durch H. Marcos Fraile als Bevollmächtigte im Beistand von N. Tuominen, Avocată,
Rechtsmittelführer in der Rechtssache C-441/20 P,
andere Parteien des Verfahrens:
Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltdmit Sitz in Changzhou, zunächst vertreten durch P. Heeren, Advocaat, Y. Melin und B. Vigneron, Avocats, dann durch P. Heeren, Advocaat, und Y. Melin, Avocat,
Klägerin im ersten Rechtszug,
Europäische Kommission, vertreten durch G. Luengo und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin L. S. Rossi, der Richter J.-C. Bonichot und S. Rodin (Berichterstatter) sowie der Richterin O. Spineanu-Matei,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2022,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Juli 2022
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihren Rechtsmitteln beantragen die Europäische Kommission und der Rat der Europäischen Union (im Folgenden zusammen: Organe) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Juli 2020, Jiangsu Seraphim Solar System/Kommission (T-110/17, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2020:315), mit dem das Gericht Art. 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/2146 der Kommission vom 7. Dezember 2016 zum Widerruf der mit dem Durchführungsbeschluss 2013/707/EU bestätigten Annahme eines Verpflichtungsangebots im Zusammenhang mit dem Antidumping- und dem Antisubventionsverfahren betreffend die Einfuhren von Fotovoltaik-Modulen aus kristallinem Silicium und Schlüsselkomponenten davon (Zellen) mit Ursprung in oder versandt aus der Volksrepublik China für die Geltungsdauer der endgültigen Maßnahmen im Hinblick auf zwei ausführende Hersteller (ABl. 2016, L 333, S. 4, im Folgenden: streitige Verordnung) insoweit für nichtig erklärt hat, als er die Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltd (im Folgenden: Jiangsu Seraphim) betrifft.
Rechtlicher Rahmen
Antidumpinggrundverordnung
Rz. 2
Zum Zeitpunkt der Einführung der in Rede stehenden Antidumpingzölle waren die Bestimmungen, die den Erlass von Antidumpingmaßnahmen durch die Europäische Union regeln, in der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 343, S. 51, berichtigt in ABl. 2010, L 7, S. 22, ABl. 2015, L 45, S. 22, und ABl. 2016, L 44, S. 20) enthalten.
Rz. 3
Mit dieser Verordnung wurde gemäß ihrem Art. 23 die Verordnung (EG) Nr. 384/...