Entscheidungsstichwort (Thema)
Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten. In Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 aufgeführte Arten. Nachweis der Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Exemplaren dieser Arten. Beweislast. Unschuldsvermutung. Verteidigungsrechte
Beteiligte
Tenor
Art. 8 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines Strafverfahrens gegen eine Person, der ein Verstoß gegen diese Vorschrift zur Last gelegt wird, grundsätzlich alle Beweismittel, die das Verfahrensrecht des betreffenden Mitgliedstaats in vergleichbaren Verfahren zulässt, für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Exemplaren der in Anhang B dieser Verordnung aufgeführten Tierarten herangezogen werden können. Auch in Anbetracht der Unschuldsvermutung stehen der betreffenden Person alle diese Beweismittel für den Nachweis zur Verfügung, dass sie nach den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 5 rechtmäßig in den Besitz der fraglichen Exemplare gelangt ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Sad Rejonowy w Koscianie (Polen) mit Entscheidung vom 8. Juli 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Juli 2008, in dem Strafverfahren gegen
Tomasz Rubach
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter J.-C. Bonichot, K. Schiemann und J. Makarczyk sowie der Richterin C. Toader (Berichterstatterin),
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,
- der spanischen Regierung, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Konstantinidis und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. 1997, L 61, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Herrn Rubach wegen Verstößen gegen das polnische Gesetz zum Schutz der Natur.
Rechtlicher Rahmen
Das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen
Rz. 3
Das am 3. März 1973 in Washington unterzeichnete Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (Recueil des traités des Nations unies, vol. 993, n° I-14537, im Folgenden: CITES) soll sicherstellen, dass der internationale Handel mit den in seinen Anhängen aufgeführten Arten sowie mit Teilen von und Erzeugnissen aus ihnen nicht der Erhaltung der Biodiversität schadet und auf einer nachhaltigen Nutzung der freilebenden Arten beruht.
Rz. 4
Dieses Übereinkommen wird in der Europäischen Gemeinschaft seit 1. Januar 1984 aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 des Rates vom 3. Dezember 1982 zur Anwendung des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen in der Gemeinschaft (ABl. L 384, S. 1) angewandt. Diese Verordnung wurde durch die Verordnung Nr. 338/97 aufgehoben, die nach ihrem Art. 1 Abs. 2 im Einklang mit den Zielen, Grundsätzen und Bestimmungen des CITES angewandt wird.
Gemeinschaftsrecht
Rz. 5
Art. 8 der Verordnung Nr. 338/97 bestimmt:
„Bestimmungen betreffend die Kontrolle des Handels
(1) Kauf, Angebot zum Kauf, Erwerb zu kommerziellen Zwecken, Zurschaustellung und Verwendung zu kommerziellen Zwecken sowie Verkauf, Vorrätighalten, Anbieten oder Befördern zu Verkaufszwecken von Exemplaren der Arten des Anhangs A sind verboten.
…
(5) Die in Absatz 1 genannten Verbote gelten auch für Exemplare der Arten des Anhangs B, es sei denn, der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats kann nachgewiesen werden, dass diese Exemplare gemäß den Rechtsvorschriften über die Erhaltung der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten erworben und – falls sie von außerhalb der Gemeinschaft stammen – in diese eingeführt wurden.
…”
Rz. 6
In Art. 16 der Verordnung heißt es:
„Sanktionen
(1) Die Mitgliedstaaten sorgen durch geeignete Maßnahmen dafür, dass zumindest bei folgenden Verstößen gegen diese Verordnung Sanktionen verhängt werden:
a) Einfuhr von Exemplaren in die Gemeinschaft oder Ausfuhr bzw. Wiederausfuhr von Exemplaren aus der Gemeinschaft ohne einschlägige Genehmigung oder Bescheinigung, mit falscher, gefälschter oder ungültiger Genehmigung oder Bescheinigung oder einer ohne die Erlaubnis der zuständigen Behörde geänderten Genehmigung oder Bescheinigung;
b) Nichterfüllung...