Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen eines Unionsbürgers. Ehe zwischen einer Unionsbürgerin und einem Drittstaatsangehörigen. Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts des Drittstaatsangehörigen nach dem Wegzug der Unionsbürgerin aus dem Aufnahmemitgliedstaat und der darauf folgenden Ehescheidung. Ausreichende Existenzmittel. Berücksichtigung der Existenzmittel des Ehegatten, der einem Drittstaat angehört. Recht des Drittstaatsangehörigen auf Erwerbstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat, um zur Erzielung ausreichender Existenzmittel beizutragen
Normenkette
Richtlinie 2004/38/EG Art. 13 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. A, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b
Beteiligte
Minister for Justice and Equality |
Tenor
1. Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG ist dahin auszulegen, dass ein Drittstaatsangehöriger, der von einem Unionsbürger geschieden wurde, wobei die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens mindestens drei Jahre, davon mindestens ein Jahr im Aufnahmemitgliedstaat, bestanden hat, nach dieser Bestimmung nicht die Aufrechterhaltung des Rechts auf Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat beanspruchen kann, wenn der Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens der Wegzug des Ehegatten, der Unionsbürger ist, aus diesem Mitgliedstaat vorausgegangen ist.
2. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 ist dahin auszulegen, dass ein Unionsbürger auch dann über ausreichende Existenzmittel für sich und seine Familienangehörigen verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, wenn diese Mittel zum Teil aus denen des einem Drittstaat angehörenden Ehegatten stammen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Ersuchen um Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court (Irland) mit Entscheidung vom 25. Februar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Mai 2014, in dem Verfahren
Kuldip Singh,
Denzel Njume,
Khaled Aly
gegen
Minister for Justice and Equality,
Beteiligter:
Immigrant Council of Ireland,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin), der Kammerpräsidenten A. Ó Caoimh und J.-C. Bonichot, der Richter A. Arabadjiev und M. Safjan, der Richterinnen M. Berger und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Singh, vertreten durch C. O’Dwyer und R. Haughton, Senior Counsels, P. Brazil, Barrister-at-Law, sowie J. Boyle und M. Griffin, Solicitors,
- von Herrn Njume, vertreten durch M. Lynn und R. Haughton, Senior Counsels, sowie P. Brazil und C. Stanley, Barristers-at-Law,
- von Herrn Aly, vertreten durch M. Lynn, Senior Counsel, A. McMahon, Barrister-at-Law, und E. Lyons, Solicitor,
- des Immigrant Council of Ireland, vertreten durch P. Dillon Malone, Senior Counsel, A. Lowry, Barrister-at-Law, und H. Becker, Solicitor,
- von Irland, vertreten durch E. Creedon und G. Samuel als Bevollmächtigte im Beistand von D. Conlan Smyth, Senior Counsel, sowie durch F. O’Sullivan, Barrister-at-Law,
- der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning und M. Wolff als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch T. Papadopoulou als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch L. Banciella Rodríguez-Miñón als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch V. Kaye als Bevollmächtigte im Beistand von B. Lask und G. Facenna, Barristers-at-Law,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin, J. Tomkin und C. Tufvesson als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 7. Mai 2015
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und 13 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365...