Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation. Einfrieren von Geldern einer Bank. Fehlende Bekanntgabe des Beschlusses. Rechtsgrundlage. Verteidigungsrechte

 

Beteiligte

Bank Melli Iran / Rat

Rat der Europäischen Union

Bank Melli Iran

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Bank Melli Iran trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 23. Dezember 2009,

Bank Melli Iran mit Sitz in Teheran (Iran), Prozessbevollmächtigter: L. Defalque, avocat,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop und R. Szostak als Bevollmächtigte,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Französische Republik, vertreten durch E. Belliard, G. de Bergues, L. Butel und E. Ranaivoson als Bevollmächtigte,

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch S. Hathaway als Bevollmächtigten im Beistand von D. Beard, Barrister,

Europäische Kommission, vertreten durch S. Boelaert und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts und J.-C. Bonichot, der Kammerpräsidentin A. Prechal, des Richters A. Rosas (Berichterstatter), der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter K. Schiemann, E. Juhász und D. Šváby, der Richterin M. Berger sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2011,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Juni 2011

folgendes

 

Entscheidungsgründe

Urteil

Rz. 1

Mit dem vorliegenden Rechtsmittel begehrt Bank Melli Iran, eine iranische Bank im Eigentum des iranischen Staates, die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat (T-390/08, Slg. 2009, II-3967, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses ihre Klage auf Nichtigerklärung der Nr. 4 des Abschnitts B des Anhangs des Beschlusses 2008/475/EG des Rates vom 23. Juni 2008 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 163, S. 29, im Folgenden: streitiger Beschluss), soweit sie Bank Melli Iran und ihre Zweigstellen betrifft, abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Resolutionen 1737 (2006) und 1747 (2007) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen

Rz. 2

Um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen (im Folgenden: nukleare Proliferation) einstellt, nahm der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (im Folgenden: Sicherheitsrat) am 23. Dezember 2006 die Resolution 1737 (2006) an, in deren Anlage eine Reihe von Personen und Einrichtungen bezeichnet werden, die an der nuklearen Proliferation beteiligt waren und deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen (im Folgenden: Gelder) eingefroren werden sollten. Die in der Anlage zur Resolution 1737 (2006) enthaltene Liste wurde in der Folge durch mehrere Resolutionen aktualisiert, u. a. durch die Resolution 1747 (2007) des Sicherheitsrats vom 24. März 2007, mit der die Gelder der Bank Sepah, einer iranischen Bank, und ihrer Tochtergesellschaft im Vereinigten Königreich, der Bank Sepah International plc, eingefroren wurden. Gegen die Klägerin ordnete der Sicherheitsrat keine Maßnahmen des Einfrierens von Geldern an.

Gemeinsamer Standpunkt 2007/140/GASP

Rz. 3

Für die Europäische Union wurde die Resolution 1737 (2006) durch den Gemeinsamen Standpunkt 2007/140/GASP des Rates vom 27. Februar 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 61, S. 49) umgesetzt.

Rz. 4

In Art. 5 Abs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 heißt es:

„Sämtliche Gelder …, die sich im Besitz, im Eigentum, in der Verfügungsgewalt oder unter direkter oder indirekter Kontrolle folgender Personen oder Einrichtungen befinden, werden eingefroren:

  1. Personen und Einrichtungen, die in der Anlage der UNSCR 1737 aufgeführt sind, sowie zusätzlich die Personen und Einrichtungen, die vom Sicherheitsrat oder dem Ausschuss gemäß Nummer 12 der UNSCR 1737 bezeichnet wurden; diese Personen und Einrichtungen werden in Anhang I aufgeführt;
  2. Personen und Einrichtungen, die nicht in Anhang I aufgeführt sind und die an den proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten Irans oder an der Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen oder Personen oder Einrichtungen, die in ihrem Namen oder auf ihre Weisung handeln, oder Einrichtungen, die in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen, auch durch unerlaubte Mi...

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