Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Postdienste in der Europäischen Union. Verpflichtung, einen Beitrag zu den betrieblichen Aufwendungen der Regulierungsbehörde des Postsektors zu leisten. Umfang
Normenkette
Richtlinie 97/67/EG Art. 9
Beteiligte
DHL Express (Austria) GmbH |
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie |
Tenor
Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die die Verpflichtung, einen Beitrag zur Finanzierung der Regulierungsbehörde des Postsektors zu leisten, allen Anbietern dieses Sektors auferlegt, einschließlich derjenigen, die keine zum Universaldienst gehörenden Postdienste erbringen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 17. Dezember 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Januar 2015, in dem Verfahren
DHL Express (Austria) GmbH
gegen
Post-Control-Kommission,
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits und F. Biltgen,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der DHL Express (Austria) GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt P. Csoklich,
- der Post-Control-Kommission, vertreten durch E. Solé,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der belgischen Regierung, vertreten durch J. Van Holm und S. Vanrie als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González als Bevollmächtigten,
- der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und R. Coesme als Bevollmächtigte,
- der norwegischen Regierung, vertreten durch I. Thue und J. T. Kaasin als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und P. Costa de Oliveira als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. März 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14) in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 (ABl. 2008, L 52, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 97/67).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der DHL Express (Austria) GmbH (im Folgenden: DHL) und der Post-Control-Kommission (Österreich) wegen eines Bescheids der Letztgenannten, mit dem DHL verpflichtet wurde, Finanzierungsbeiträge zu den betrieblichen Aufwendungen der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (im Folgenden: RTR) zu leisten.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 27 und 28 der Richtlinie 2008/6 lauten:
„(27) Postdiensteanbieter können gehalten sein, zur Finanzierung des Universaldienstes beizutragen, wenn ein Ausgleichsfonds vorgesehen ist. Bei der Entscheidung darüber, welche Unternehmen für Beiträge zu einem Ausgleichsfonds herangezogen werden, sollten die Mitgliedstaaten prüfen, ob die von diesen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen vom Standpunkt der Nutzer als Dienste, die unter den Universaldienst fallen, gelten können, da sie einen ausreichenden Grad an Austauschbarkeit mit dem Universaldienst aufweisen, wobei die Merkmale dieser Dienstleistungen, einschließlich Mehrwertaspekte, sowie ihre vorgesehene Nutzung und die Preisgestaltung zu berücksichtigen sind. Diese Dienste müssen nicht notwendigerweise alle Merkmale des Universaldienstes aufweisen, z. B. tägliche Zustellung oder vollständige Abdeckung des Hoheitsgebiets.
(28) Um sich bei der Bestimmung des Beitrags zu den Kosten der Universaldiensterbringung in einem Mitgliedstaat, der von diesen Unternehmen verlangt wird, an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu halten, sollten die Mitgliedstaaten transparente und nicht diskriminierende Kriterien wie z. B. den Anteil dieser Unternehmen an den Aktivitäten, die in den Bereich des Universaldienstes fallen, verwenden. Die Mitgliedstaaten können von Anbietern, die für Beiträge zu einem Ausgleichsfonds herangezogen werden, verlangen, dass sie eine geeignete Form der getrennten Rechnungslegung einführen, dami...