Entscheidungsstichwort (Thema)
Versendungen von Schnitttabak von Deutschland nach Frankreich, Verbrauchsteueraussetzung
Leitsatz (amtlich)
Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren ist dahin auszulegen, dass verbrauchsteuerpflichtige Waren (wie Tabakwaren), die aus nicht verbrauchsteuerpflichtigen Waren (wie Rohtabak) hergestellt worden sind, die im Verfahren der aktiven Veredelung in die Gemeinschaft eingeführt wurden, auch dann im Sinne dieser Bestimmung als unter Verbrauchsteueraussetzung stehend gelten, wenn sie erst durch ihre Verarbeitung im Gebiet der Gemeinschaft verbrauchsteuerpflichtige Waren geworden sind, so dass sie zwischen Mitgliedstaaten befördert werden können, ohne dass die Verwaltung das in Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie vorgesehene Verwaltungs- oder Handelsdokument verlangen darf.
Normenkette
EWGRL 12/92 Art. 5 Abs. 2
Beteiligte
British American Tobacco (Germany) GmbH |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Richtlinie 92/12/EWG ‐ Verbrauchsteuerpflichtige Waren ‐ Einfuhr von nicht verbrauchsteuerpflichtigem Rohtabak im Verfahren der aktiven Veredelung ‐ Verarbeitung zu Schnitttabak ‐ Beförderung zwischen Mitgliedstaaten ‐ Begleitdokument“
In der Rechtssache C-550/08
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht München (Deutschland) mit Entscheidung vom 13. November 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Dezember 2008, in dem Verfahren
British American Tobacco (Germany) GmbH
gegen
Hauptzollamt Schweinfurt
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann, P. Kũris und L. Bay Larsen,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der British American Tobacco (Germany) GmbH, vertreten durch T. Englert und H.-M. Pott, Rechtsanwälte,
‐ des Hauptzollamts Schweinfurt, vertreten durch J. Muhlert als Bevollmächtigten,
‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
‐ der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und A. Sauka als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 erster Gedankenstrich und 15 Abs. 4 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1) in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Richtlinie 92/12).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der British American Tobacco GmbH (im Folgenden: BAT) und dem Hauptzollamt Schweinfurt wegen zweier Bescheide, mit denen das Hauptzollamt die Zahlung von Verbrauchsteuer wegen Versendungen von Schnitttabak von Deutschland nach Frankreich forderte.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 92/12
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 10 und 15 der Richtlinie 92/12 lauten:
„Der Übergang von dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats in das eines anderen darf nicht zu Kontrollen führen, die den freien Warenverkehr in der Gemeinschaft beeinträchtigen können. Die Durchsetzung des Steueranspruchs setzt jedoch eine Kenntnis der Bewegungen der verbrauchsteuerpflichtigen Waren voraus. Es ist deshalb ein Begleitpapier für diese Waren vorzusehen.
…
Das Begleitpapier ist nicht zu verwenden, wenn die verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Rahmen einer anderen gemeinschaftlichen Zollregelung als der Überführung in den freien Verkehr befördert werden oder in eine Freizone oder ein Freilager verbracht werden. …“
Rz. 4
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/12 bestimmt:
„Diese Richtlinie findet auf Gemeinschaftsebene Anwendung auf die folgenden in den einschlägigen Richtlinien definierten Waren:
…
‐ Tabakwaren.“
Rz. 5
Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 92/12 definiert den Begriff „Verfahren der Steueraussetzung“ wie folgt:
„Verfahren der Steueraussetzung: die steuerliche Regelung, die auf die Herstellung, die Verarbeitung, die Lagerung sowie die Beförderung der Waren unter Steueraussetzung Anwendung findet“.
Rz. 6
Art. 5 der Richtlinie 92/12 sieht vor:
„(1) Die in Artikel 3 Absatz 1 genannten Waren werden verbrauchsteuerpflichtig mit ihrer Herstellung im Gebiet der Gemeinschaft, wie es in Artikel 2 festgelegt ist, oder mit ihrer Einfuhr in dieses Gebiet.
Als Einfuhr einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware gilt das Verbringen dieser Ware in die Gemeinschaft …
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