Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Freizügigkeit der Erwerbstätigen. Niederlassungsfreiheit. Zahnärzte. Wohnorterfordernis
Normenkette
EGVtr Art. 48 (jetzt Art. 39 EG), Art. 52 (jetzt Art. 43 EG)
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48 und 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG) verstoßen,
dass sie es zulässt, dass das Decreto legislativo Nr. 233 des vorläufigen Staatschefs vom 13. September 1946, obwohl es durch Artikel 9 des Gesetzes Nr. 362 vom 8. November 1991 geändert wurde, weiterhin so angewandt wird, dass Zahnärzte, die ihren Beruf in Italien ausüben, faktisch weiter einer Wohnsitzverpflichtung unterliegen,
dass sie Artikel 15 des Gesetzes Nr. 409 vom 24. Juli 1985 in Geltung belassen hat, der auf Artikel 1 des Gesetzes Nr. 1398 vom 14. Dezember 1964 verweist, aus dem sich ergibt, dass nur Zahnärzte italienischer Staatsangehörigkeit im Fall der Verlegung ihres Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat im Register der Kammer eingetragen bleiben können.
2. Die Italienische Republik trägt die Kosten.
Gründe
1.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 30. April 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 48 und 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG) verstoßen hat,
dass sie es zulässt, dass das Decreto legislativo Nr. 233 des vorläufigen Staatschefs vom 13. September 1946, obwohl es durch Artikel 9 des GesetzesNr. 362 vom 8. November 1991 geändert wurde, weiterhin so angewandt wird, dass Zahnärzte, die ihren Beruf in Italien ausüben, faktisch weiter einer Wohnsitzverpflichtung unterliegen,
dass sie Artikel 15 in Titel IV des Gesetzes Nr. 409 vom 24. Juli 1985 in Geltung belassen hat, der auf Artikel 1 des Gesetzes Nr. 1398 vom 14. Dezember 1964 verweist, aus dem sich ergibt, dass nur Zahnärzte italienischer Staatsangehörigkeit im Fall der Verlegung ihres Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat im Register der Kammer eingetragen bleiben können.
Nationales Recht
2.
Das Decreto legislativo Nr. 233 des vorläufigen Staatschefs vom 13. September 1946 über die Neugründung der berufsständischen Vertretungen der Gesundheitsberufe und die Regelung der Ausübung dieser Berufe (im Folgenden: Decreto legislativo von 1946) bestimmt in Artikel 9 Buchstabe e, dass die Eintragung in das Berufsregister den Wohnsitz im Bezirk der Kammer oder des Kollegiums voraussetzt.
3.
In Artikel 11 Buchstabe b des Decreto legislativo von 1946 ist im Fall der Verlegung des Wohnsitzes des Eingetragenen in das Ausland seine Streichung im Berufsregister vorgesehen.
4.
Durch Artikel 1 des Gesetzes Nr. 1398 vom 14. Dezember 1964 zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes Nr. 763 vom 10. Juli 1960 zur Eintragung von italienischen Angehörigen der Gesundheitsberufe mit Wohnsitz im Ausland (im Folgenden: Gesetz von 1964) wurde an Artikel 11 des Decreto legislativo von 1946 folgender Absatz angefügt:
In dem in Buchstabe b genannten Fall kann der Angehörige eines Gesundheitsberufs, der im Ausland freiberuflich oder im Dienst von Krankenhäusern, Einrichtungen oder Privatleuten tätig ist, auf Antrag die Eintragung in dem Kammer- oder Kollegiumsregister, in dem er gestrichen wurde, beibehalten.
5.
Nach Artikel 9 Absatz 6 des Gesetzes Nr. 409 vom 24. Juli 1985 über den Gesundheitsberuf des Zahnarztes mit Bestimmungen über das Niederlassungsrecht und den freien Dienstleistungsverkehr von Zahnärzten, die Angehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften sind (im Folgenden: Gesetz von 1985), führt die zuständige Kammer das Verfahren zur Eintragung in das Register nach den geltenden Gesetzen durch.
6.
Artikel 15 des Gesetzes von 1985, der zu dessen Titel IV – Ausübung des Berufes durch Zahnärzte, die italienische Staatsangehörige sind, in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften – gehört, bestimmt:
Die Zahnärzte italienischer Staatsangehörigkeit, die in einen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften umsiedeln, können auf Antrag die Eintragung bei der italienischen berufsständischen Vertretung, der sie angehören, beibehalten.
7.
Artikel 9 Buchstabe e des Decreto legislativo von 1946 wurde durch Artikel 9 des Gesetzes Nr. 362 vom 8. November 1991 über Vorschriften zur Neuordnung des Pharmaziesektors (im Folgenden: Gesetz von 1991) – Kriterien für die Eintragung in das Berufsregister – geändert. Er sieht nunmehr vor, dass eine Eintragung in das Register den Wohnsitz oder die Berufsausübung im Bezirk der Kammer oder des Kollegiums voraussetzt.
8.
Nach den Akten stimmt die Regelung der Ärzte- und Zahnärztekammer der Provinz Imperia (im Folgenden: Ärztekammerregelung der Provinz Imperia) von 1991 in den Artikeln 9 ...