Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Geistiges Eigentum. Verfahren wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums. Recht auf Auskunft. Auskunftsverlangen in einem Verfahren. Verfahren in Zusammenhang mit der Klage, die zur Feststellung der Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums geführt hat
Normenkette
Richtlinie 2004/48/EG
Beteiligte
Tenor
Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass er auf eine Situation wie die im Ausgangsverfahren vorliegende anwendbar ist, in der ein Kläger nach dem rechtskräftigen Abschluss eines Verfahrens, in dem die Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums festgestellt wurde, in einem gesonderten Verfahren Auskünfte über den Ursprung und die Vertriebswege der Waren oder Dienstleistungen, die dieses Recht verletzen, verlangt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Nejvyšší soud (Oberstes Gericht, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 24. Juni 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 3. August 2015, in dem Verfahren
NEW WAVE CZ a. s.
gegen
ALLTOYS spol. s r. o.
erlässt
DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters C. Vajda (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten, der Richterin K. Jürimäe und des Richters C. Lycourgos,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Němečková und F. Wilman als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. 2004, L 157, S. 45, berichtigt im ABl. 2004, L 195, S. 16).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der NEW WAVE CZ a. s. (im Folgenden: NEW WAVE), Inhaberin der Wortmarke MegaBabe, und der ALLTOYS spol. s r. o. wegen der Benutzung dieser Marke durch letztere Partei ohne die Genehmigung der ersteren.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Der zehnte Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/48 lautet:
„Mit dieser Richtlinie sollen [die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten] einander angenähert werden, um ein hohes, gleichwertiges und homogenes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleisten.”
Rz. 4
Art. 8 („Recht auf Auskunft”) der Richtlinie 2004/48 bestimmt in den Abs. 1 und 2:
„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums auf einen begründeten und die Verhältnismäßigkeit wahrenden Antrag des Klägers hin anordnen können, dass Auskünfte über den Ursprung und die Vertriebswege von Waren oder Dienstleistungen, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen, von dem Verletzer und/oder jeder anderen Person erteilt werden, die
- nachweislich rechtsverletzende Ware in gewerblichem Ausmaß in ihrem Besitz hatte,
- nachweislich rechtsverletzende Dienstleistungen in gewerblichem Ausmaß in Anspruch nahm,
- nachweislich für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen in gewerblichem Ausmaß erbrachte, oder
- nach den Angaben einer in Buchstabe a), b) oder c) genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Waren bzw. an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war.
(2) Die Auskünfte nach Absatz 1 erstrecken sich, soweit angebracht, auf
- die Namen und Adressen der Hersteller, Erzeuger, Vertreiber, Lieferer und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren;
- Angaben über die Mengen der hergestellten, erzeugten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren und über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen gezahlt wurden.”
Rz. 5
Art. 9 („Einstweilige Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen”) der Richtlinie 2004/48 bestimmt in den Abs. 1 und 2:
„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte die Möglichkeit haben, auf Antrag des Antragstellers
- gegen den angeblichen Verletzer eine einstweilige Maßnahme anzuordnen, um eine drohende Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums zu verhindern oder einstweilig und, sofern die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften dies vorsehen, in geeigneten Fällen unter Verhängung von Zwangsgeldern die Fortsetzung angeblicher Verletzungen dieses Rechts zu untersagen oder die Fortsetzung an die Stellung von Sicherheiten zu knüpfen, die die Entschä...