Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Dienstleistungen der Beseitigung von Tierkörpern und Schlachtabfällen. Vorhaltung einer Seuchenreservekapazität. Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden. Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Offensichtlicher Beurteilungsfehler. Ausgleich für eine Gemeinwohlverpflichtung. Begründungspflicht

 

Beteiligte

Deutschland / Kommission

Bundesrepublik Deutschland

Europäische Kommission

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. September 2014,

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte T. Lübbig und M. Klasse,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch T. Maxian Rusche und C. Egerer als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter) sowie der Richter C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Bundesrepublik Deutschland die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Juli 2014, Deutschland/Kommission (T-295/12, EU:T:2014:675, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/485/EU der Kommission vom 25. April 2012 über die staatliche Beihilfe SA.25051 (C 19/10) (ex NN 23/10), die Deutschland zugunsten des Zweckverbands Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, im Saarland, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg gewährt hat (im Folgenden: streitige Entscheidung), abgewiesen hat.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Rz. 2

Der Zweckverband Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, im Saarland, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg (im Folgenden: ZT) ist ein deutscher Verband des öffentlichen Rechts, der 1979 gegründet wurde. Alle Landkreise und kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz und im Saarland sowie zwei Landkreise in Hessen sind Mitglieder des ZT.

Rz. 3

Da der ZT über das Recht der Selbstverwaltung verfügt, hat er sich eine Verbandsordnung gegeben, die vom Innenministerium des Landes Rheinland-Pfalz festgestellt wurde.

Rz. 4

Der ZT hat ferner am 6. Dezember 2004 eine Satzung erlassen, nach deren § 3 er von seinen Mitgliedern beauftragt ist, alle Rechte und Pflichten zu übernehmen, die den Landkreisen und kreisfreien Städten als Beseitigungspflichtigen nach § 3 des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes vom 25. Januar 2004 obliegen.

Rz. 5

§ 4 Abs. 1 der Satzung sieht einen Anschluss- und Benutzungszwang für im Verbandsgebiet des ZT produziertes Material der Kategorien 1 und 2 im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) (ABl. L 300, S. 1) vor. Nach Art. 8 der Verordnung Nr. 1069/2009 birgt das Material der Kategorie 1 im Sinne dieser Verordnung beträchtliche Risiken, die besonders mit der transmissiblen spongiformen Enzephalopathie und dem Vorliegen bestimmter verbotener Substanzen und Umweltkontaminanten verbunden sind. Dieses Material muss zwingend vernichtet werden und darf nicht in den Verarbeitungskreislauf gelangen. Das Material der Kategorie 2 im Sinne der Verordnung Nr. 1069/2009 beinhaltet nach deren Art. 9 erhebliche Risiken, da es aus Falltieren und anderen Materialien besteht, die bestimmte verbotene Substanzen oder Kontaminanten enthalten. Dieses Material muss durch Verbrennung oder Verarbeitung entsorgt werden und darf nicht in Futter für Nutztiere enthalten sein.

Rz. 6

Der ZT beseitigte jedoch nicht nur Material der Kategorien 1 und 2, sondern auch Material der Kategorie 3 im Sinne der Verordnung Nr. 1069/2009, das nach deren Art. 10 u. a. Folgendes umfasst: Schlachtkörper oder ganze Körper und Teile von Tieren, die, obwohl als genussuntauglich abgelehnt, keine Anzeichen einer auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheit zeigen, sowie Schlachtkörper oder ganze Körper und Teile von Tieren, die für den menschlichen Verzehr geeignet sind, aber aus wirtschaftlichen Gründen für andere Zwecke, wie Futtermittel für Nutztiere, genutzt werden.

Rz. 7

Für die Sammlung und die Beseitigung oder Verarbeitung von Material der Kategorien 1 und 2 im Sinne der Verordnung Nr. 1069/2009 erhält der ZT Gebühren von den Besitzern der tier...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge