Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Nichtaufnahme von Metalaxyl in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG. Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff. Verfälschung von Beweismitteln. Offensichtlicher Ermessensfehler
Beteiligte
Industrias Químicas del Vallés / Kommission |
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Industrias Químicas del Vallés SA |
Tenor
1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 28. Juni 2005, Industrias Químicas del Vallés/Kommission (T-158/03), wird aufgehoben.
2. Die Entscheidung 2003/308/EG der Kommission vom 2. Mai 2003 über die Nichtaufnahme von Metalaxyl in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und den Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff wird für nichtig erklärt.
3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und des Verfahrens im ersten Rechtszug, einschließlich der Kosten der Verfahren der einstweiligen Anordnung sowohl vor dem Gerichtshof als auch vor dem Gericht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 26. August 2005,
Industrias Químicas del Vallés SA mit Sitz in Mollet del Vallés (Spanien), Prozessbevollmächtigte: C. Fernández Vicién, I. Moreno-Tapia Rivas und J. Sabater Marotias, abogados,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Doherty und S. Pardo Quintillán als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Tizzano (Berichterstatter), A. Borg Barthet, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2006,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. November 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Die Industrias Químicas del Vallés SA (im Folgenden: IQV) beantragt mit ihrem Rechtsmittel die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 28. Juni 2005, Industrias Químicas del Vallés/Kommission (T-158/03, Slg. 2005, II-2425, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/308/EG der Kommission vom 2. Mai 2003 über die Nichtaufnahme von Metalaxyl in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und den Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff (ABl. L 113, S. 8, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
2 Die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230, S. 1) stellt die auf die Zulassung und den Widerruf der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln anwendbare Gemeinschaftsregelung auf. Nach Art. 4 dieser Richtlinie lassen die Mitgliedstaaten die Vermarktung von Pflanzenschutzmitteln nur zu, wenn deren „Wirkstoffe in Anhang I aufgeführt … sind”. In Art. 5 dieser Richtlinie werden die Voraussetzungen für die Aufnahme dieser Wirkstoffe in diesen Anhang näher bestimmt. Durch diese Voraussetzungen sollen die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt geschützt werden.
3 Art. 6 der Richtlinie 91/414 bestimmt:
„(1) Die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I wird nach dem Verfahren des Artikels 19 beschlossen.
…
(2) Ein Mitgliedstaat trägt nach Eingang eines Antrags auf Aufnahme eines Wirkstoffes in Anhang I unverzüglich dafür Sorge, dass der Antragsteller den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission Unterlagen, von denen anzunehmen ist, dass sie den Anforderungen von Anhang II genügen, sowie zu mindestens einer Zubereitung, die diesen Wirkstoff enthält, Unterlagen gemäß Anhang III übermittelt. Die Kommission befasst den in Artikel 19 genannten Ständigen Ausschuss für Pflanzenschutz mit der Prüfung der Unterlagen.
(3) Unbeschadet des Absatzes 4 wird auf Antrag eines Mitgliedstaats frühestens drei und spätestens sechs Monate nach Befassung des in Artikel 19 genannten Ausschusses nach dem Verfahren des Artikels 20 festgestellt, ob die Unterlagen gemäß den Anforderungen der Anhänge II und III vorliegen.
(4) Bedarf es aufgrund der Beurteilung der Unterlagen nach Absatz 2 zusätzlicher Informationen, so kann die Kommission diese von dem Antragsteller verlangen. Der Antragsteller oder sein beauftragter Vertreter kann von der Kommission zu einer Stellungnahme aufgefordert werden, insbesondere dann, wenn eine negative Entscheidung in Betracht gezogen wird.
…”
4 Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/414 sieht Übergangs- und Ausnahmeregelungen für Wirkstoffe vor, die nicht in Anhang I aufgeführt, jedoch zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel sind. Die Mitgliedstaaten können für einen vorläufigen Zeitraum von zwölf Jahren das Inverkehrbring...