Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen. Aufenthalt aufgrund einer förmlich begrenzten Aufenthaltsgenehmigung

 

Normenkette

Richtlinie 2003/109/EG Art. 3 Abs. 2

 

Beteiligte

Singh

Staatssecretaris van Justitie

Mangat Singh

 

Tenor

Art. 3 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen ist dahin auszulegen, dass eine einer speziellen Personengruppe erteilte befristete Aufenthaltsgenehmigung, deren Gültigkeit unbegrenzt verlängert werden kann, ohne dass jedoch Aussicht auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung besteht, nicht unter den Begriff „Aufenthaltsgenehmigung[, die] förmlich begrenzt wurde”, fällt, soweit eine solche förmliche Begrenzung den Drittstaatsangehörigen nicht daran hindert, in dem betreffenden Mitgliedstaat langfristig ansässig zu sein, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Niederlande) mit Entscheidung vom 14. Oktober 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Oktober 2010, in dem Verfahren

Staatssecretaris van Justitie

gegen

Mangat Singh

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter K. Lenaerts, E. Juhász, G. Arestis und T. von Danwitz,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von M. Singh, vertreten durch I. M. Hagg, advocaat,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Noort als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch T. Materne und C. Pochet als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Condou-Durande und R. Troosters als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Mai 2012

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. 2004, L 16, S. 44).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Staatssecretaris van Justitie (Staatssekretär der Justiz, im Folgenden: Staatssecretaris) und Herrn Singh wegen der Ablehnung von dessen Antrag auf Ausstellung einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung – EG.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 2, 4, 6 und 12 der Richtlinie 2003/109 lauten:

„(2) Der Europäische Rat hat auf seiner Sondertagung in Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 erklärt, dass die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen an diejenige der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten angenähert werden sollte und einer Person, die sich während eines noch zu bestimmenden Zeitraums in einem Mitgliedstaat rechtmäßig aufgehalten hat und einen langfristigen Aufenthaltstitel besitzt, in diesem Mitgliedstaat eine Reihe einheitlicher Rechte gewährt werden sollte, die denjenigen der Unionsbürger so nah wie möglich sind.

(4) Die Integration von Drittstaatsangehörigen, die in den Mitgliedstaaten langfristig ansässig sind, trägt entscheidend zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts bei, der als eines der Hauptziele der Gemeinschaft im [EG-Vertrag] angegeben ist.

(6) Die Dauer des Aufenthalts im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats sollte das Hauptkriterium für die Erlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten sein. Der Aufenthalt sollte rechtmäßig und ununterbrochen sein, um die Verwurzlung der betreffenden Person im Land zu belegen. Eine gewisse Flexibilität sollte vorgesehen werden, damit Umstände berücksichtigt werden können, die eine Person veranlassen können, das Land zeitweilig zu verlassen.

(12) Um ein echtes Instrument zur Integration von langfristig Aufenthaltsberechtigten in die Gesellschaft, in der sie leben, darzustellen, sollten langfristig Aufenthaltsberechtigte nach Maßgabe der entsprechenden, in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen, in vielen wirtschaftlichen und sozialen Bereichen wie die Bürger des Mitgliedstaats behandelt werden.”

Rz. 4

In Art. 1 („Gegenstand”) der Richtlinie 2003/109 ist bestimmt:

„Ziel dieser Richtlinie ist die Festlegung

  1. der Bedingungen, unter denen ein Mitgliedstaat einem Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig in seinem Hoheitsgebiet aufhält, die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erteilen oder entziehen kann, sowie der mit dieser Rechtsstellung verbundenen Rechte …

…”

Rz. 5

Die Abs. 1 und 2 von Art. 3 („Anwendungsbereich”) der Richtlinie 2003/109 lauten:

„(1) Diese Richtlinie findet auf Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten.

(2) Diese Richtlini...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge